Heft 
(1905) 14
Seite
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15. (6. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.

Dezembertag bescherte, um uns schon 16 Tage später, am 9. Januar, mit dem wärmsten, je vorgekommenen Januartag zu überraschen. Einen milden Winter wird man als solchen leicht erkennen können, aber die Definition des strengen Winters muß auf alle Fälle viel Schwierigkeiten machen. Ist z. B. ein Winter, der drei oder vier Wochen lang tüchtigen Frost und im übrigen sehr behagliches, angenehm-mildes Wetter bringt, zu den strengen zu zählen oder nicht?-

In den Fällen, wo der Ilerbst oder der Beginn des Winters ge­wisse Abnormitäten der Witterung zeigt, kann man durch einen Vergleich mit früheren analogen Fällen und ihren Folgeerscheinungen unter Um­ständen zu einem mehr oder weniger hohen Wahrscheinlichkeits-Schluß auf den Charakter des bevorstehenden Winters kommen. Auch diese historisch-statistische Methode der Winterprognose wird oft genug im Stich lassen, aber sie ist die einzige, die wissenschaftlich begründet und bis zu einem gewissen Grade haltbar ist. Wendet man nun diese Prinzipien auf den bevorstehenden Winter an, so hat man insofern einen statistischen Anhaltspunkt, als der diesjährige Oktober ein ganz abnorm kalter Monat war, wie er seit vollen 88 Jahren im mittleren Nord­deutschland nicht vorgekommen ist! In Berlin war er mit einer Mittel­temperatur von 5,8° C. um volle 3,7° zu kalt und Wies die für diese Jahreszeit beispiellose Eigentümlichkeit auf, daß 30 Tage lang (30. Sep­tember bis 29. Oktober) hintereinander an allen Beobachtungsterminen eine unternormale Temperatur abgelesen wurde. Seit Beginn regelmäßiger Wetterbeobachtungen in Berlin, 1719, also seit 186 Jahren, sind nur fünfmal kältere Oktobermonate dagewesen, nämlich 1730, 1739, 1740, 1805 und zuletzt 1817. Wie waren nun die fünf Winter, die auf diese kalten Oktober folgten? 1730 folgte ein anfangs milder, später mäßig kalter Winter, 1740, 1805 und 1817 wenig bemerkenswerte, ziemlich normale Winter, 1739 dagegen der oben erwähnte härteste Winter, der Europa seit vielen Jahrhunderten heimgesucht hat.

Mancher möchte sagen, haben wir einen so abnorm kalten Herbst gehabt, so wird uns dafür hoffentlich ein milder Winter beschieden. Ich vermag dieshoffentlich nicht zu unterschreiben; für unser Klima ge­hört sich eigentlich ein Winter mit Frost und vielem Schnee. Das wäre das richtige Weihnachtswetter, so sehen wir das weihnachtliche Land und die weihnachtliche Stadt allemal tiefverschneit abgebildet. Das heimelt so recht an. Aber wer vermag bei uns zu sagen, er habe so ein recht eingeschneites Weihnachtsfest erlebt? Man muß sich lange darauf besinnen, bevor man einen solchen Fall mit Jahreszahl belegen kann. Jedenfalls ist ein weißes Weihnachtsfest in Berlin uns eine abnorme Seltenheit.

VIII. Beiträge zur Landeskunde Westpreußens. Festschrift dem XV. Deutschen Geographentag zu Danzig überreicht vom Orts-