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15. (5. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres,
zeugen, das vielen, welche den noch immer für deutsche Verhältnisse hohen Preis der grossen Ausgabe der Wanderungen (15 Mk.) scheuen, recht angenehm sein dürfte. Vorzüglich zu Geschenken, Prämien pp. passend.
XV. U. vorgenanntes M. Herr Schriftsteller und Lehrer Hermann Berdrow teilt folgende modernste Sage mit:
Amtmann Nobbe und die Klosterkirche zu Chorin.
„Der 70jährige Aufseher Fürst erzählte am £8. Juli 1905 mir folgende Sage, auf meine Bemerkung, dass ich.mir nicht recht erklären könne, wie das Kirchengewölbe so vollständig heruntergestürzt sei.
Das Gewölbe ist nicht eingestürzt, es ist runtergeschlagen. — Na, wieso? — Ja, da war ein Amtmann Nobbe, der is es gewesen. Das Gewölbe war mit eiserne'Anker verankert, und dazumal war Eisen sehr teuer. Er hat auch sonst die Kirche verrungeniert. Hier hat er Löcher in die Pfeiler hauen lassen und Balken durchgezogen, und so hat er aus dem Stück hier einen Kuhstall gemacht und daneben einen Pferdestall, und dahinter den Kaum hat er zu Schweineställen genommen und das ganze andre Schiff als Schafstall. Und denn is er mit seine Leute beigegangen und haben das ganze Gewölbe runtergeschlagen, und das Eisen hat er verkloppt.
Das aber hat ein honetter Mann zur Anzeige gebracht, und das hat nicht lang gedauert, da is’n Brief von Berlin gekommen: An den Amtmann Nobbe. Wie der den gelesen hat, hat er zu sein’ Kutscher gesagt: „Friedrich, mach’ dir zurecht, wir müssen gleich nach Berlin fahren! und dabei hat er so’n sonderbares Gesicht gemacht. Da ging Friedrich in die Küche, und da sah er, wie sie alle da sassen und weinten, da fragte er sie: „Dirn’s, wat sitt’t ihr da un plärrt?“ Aber keiner gab ihm ’ne Antwort. Dann is er mit dem Amtmann die acht Meilen bis Berlin in eine Tour gejagt und sein Herr, der sonst immer so freundlich zu ihm war, hat unterwegens kein Wort gesagt. Und wie sie in die Königstrasse kommen, sagt ihm der Amtmann eine Nummer, da soll er halten. Da is der Amtmann abgestiegen und ins Haus gegangen. Und nach einer Zeit sind zwei Herren herausgekommen, die haben zu ihm gesagt: „Friedrich, fahr’ er man wieder nach Haus; wenn der Herr zurückkommen soll, schreiben wir“. Da is der Kutscher wieder nach Haus gefahren.
Nach drei Tagen is ein Brief gekommen, Friedrich soll den Herrn holen. Da is er wieder in der Königstrasse vorgefahren, und nach einer Zeit is einer von die Herren rausgekonunen und hat zu ihm gesagt: „Friedrich, so könn’n wir den Wagen nich gebrauchen; er muss ihn umstellen, da soll ’n Sarg rauf“. Da hat der Kutscher einen grossen Schreck gekriegt. Und dann is ein mächtig grosser Mensch rausge-