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15. (5. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjalires.
vorgelegt, damit er sich über die Mängel der auf Warenzeichen vorkommenden Wappenzeichnungen äußere. Indem er diesem Wunsche nachkommt, „um den Augiasstall jetztzeitlicher verfehlter Wappenkomposition zu reinigen,“ machte er zunächst darauf aufmerksam, daß es bereis im Mittelalter eine Menge Familienwappen von Bürgern und Gewerkschaften gegeben hat, und das habe sich vielfach bis heute erhalten; die weitverbreitete Meinung, daß die eigenmächtige Annahme eines Wappens heute nicht gestattet wäre, sei ganz falsch. Es darf sich jederman ein neues, von niemand anderem geführtes Wappen komponieren. Hier handelt es sich insbesondere um wappenmäßige Warenzeichen, die in der Geschäftswelt jetzt immer mehr aufkömmen. Graf Leiningen empfiehlt aber dringend, mehr Geschmack bei der Auswahl der Warenzeichen und Fabrikmarken walten zu lassen. Es ist niemand gezwungen, diese heraldisch auszugestalten; es gibt im Gegenteil unter den vielen Tausenden von Warenzeichen eine enorme Anzahl solcher, die nicht heraldisch sind. Will aber jemand, was Graf Leiningen keineswegs verwirft, sein Zeichen wappemnäßig halten, so wende er sich an einen der zahlreichen Heraldiker unter den Zeichnern und Graveuren, und er wird dann kein Machwerk erhalten, das erheiternd wirkt, sondern das in würdiger Verbindung mit seinem Hause und seinen Waren steht. Daß dies geht, beweisen so manche schöne heraldische Warenzeichen, wie beispielsweise das einer Münchener Wachsfirma, bestehend aus einem Münchener Kindl auf einem Bienenstock zwischen den Münchener Frauentürmen und zwei bayerischen Löwen, oder die allgemein bekannten Schilde des Spaten- und Ilackerbräus mit dem Spaten, beziehungsweise zwei gekreuzte Hacken oder das Wappen einer Magenbitter-Firma mit Knnz von Kauffungen und zwei Kittern in Turuierschild; alle diese Warenzeichen sind heraldisch ausgestattet, bekunden feines heraldisches Gefühl und treten daher auch sofort gefällig vors Auge. Dagegen gibt es eine ganze Menge völlig verfehlter Wappen, die oft geradezu komisch wirken. Da man am meisten dann lernen kann, wenn einem gezeigt wird, wie man es nicht machen soll, so hat Graf Leiningen den richtigen Weg eingeschlagen, eine große Anzahl Beispiele aus dem Warenzeichenblatt anzuführen, bei denen die Komposition des Wappens vollkommen verfehlt ist. So kommt sehr oft in den wappenmäßigen Warenzeichen die Wacht am Rhein vor, hält aber meist einen ganz falschen Adler. Ebenso findet sich die sonderbare Zusammenstellung eines Fahrrades als Zimier (Zier) auf einem Helm, was um so komischer wirkt, als Fahrrad und Helm zeitlich sehr weit auseinander liegen. Tn einem Warenzeichen wird ein Korsett als Schild behandelt unter einer Mauerkrone, in einem anderen Schnupftabak in einem alten Schilde. Der Verfasser der Abhandlung hat wohl nicht unrecht, wenn er diese Zusammenstellungen etwas gewagt findet. Daß sich, wie es in einem der Warenzeichen der