15. (5. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.
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eingegraben worden sein. Solchenfalls hätten aber die Schichten die Spuren der Durchwühlung zeigen müssen. Oder sollte jemand in eine nachgemachte Urne gebrannte Menschenschädelstückchen und geschmolzene Bronzereste eingelegt und nachher das Loch um die Urne mit verschiedenen Sandschichten so aufgefüllt haben, daß sie an die übrigen Schichten Anschluß fanden? — Aber wenn man auch annimmt, daß dies wirklich geschehen wäre, daß jemand diese echten Dinge in das nachgemachte Gefäß hineingelegt hätte (die Echtheit der Bronze ließe sich durch chemische Analyse und danach auch ihr Alter feststellen), so wirft sich sofort die Frage auf: „Wozu, in welcher Absicht, zu welchem Zweck all diese Umständlichkeit?“
Um und in Treuenbrietzen sind seit 1860 hunderte von Urnen ausgegraben und als unbrauchbare Töpfe zerschlagen, die Scherben verstreut worden. Echte Urnen wären also billiger als ein Falsifikat zu beschaffen gewesen. Sie kosteten nichts, waren völlig wertlos. Selbst heute noch würde die Nachbildung von Urnen ein unrentables Geschäft sein. Als ich den vorerwähnten Töpfermeister fragte, ob er solche Urnen nicht zum Verkauf nachmachen möchte, meinte er, damit sei kein Geschäft zu machen, einige wenige könnte man vielleicht loswerden, aber das brächte nichts ein! —
Nun hat allerdings in Jüterbog ein Töpfer Gefäße in den Formen des Niederlausitzer Typus angefertigt. — Die Ware ähnelt äußerlich den Vorbildern, hält einen ernsten Vergleich damit aber nicht aus. Die Töpfe sind mangelhaft gebrannt, sind innen glasiert und außen grün gestrichen, als Imitation einer Bronzepatina: echt modernes Machwerk! — Auch hat der Verfertiger das Geschäft längst aufgegeben, weil es sich nicht lohnt. Eine Probe des Fabrikats ist dem Märk. Prov.-Museum als Vergleichsstück ein- gesandt.
3. Auch die Gestalt der Urne scheint mir für ihre Echtheit zu sprechen, denn sie ist in ihren Umrissen einfacher, ruhiger und schöner als die modernen Fabrikate, die aus der Töpferei zum Vergleich gestellt werden könnten. Unter allen mir zugänglichen Darstellungen prähistorischer Gefäße einschließlich der metallenen finde ich kein dem beregten gleiches oder sehr ähnliches. Die Umrißlinie scheint fast dem etruskischen oder römischen Formenkreis anzugehören; sollte das Gefäß vielleicht importiert sein? Die Möglichkeiten derartigen Imports sollen hier nicht erörtert werden. Aber möge das Gefäß einheimischen Ursprungs oder ein fremdländisches sein, echt ist es m. E. unzweifelhaft.
XXIX. Herr Prof. l)r. Pniower berichtet über eine vor kurzem erschienene dramatische Bearbeitung des Kohlhaas-Stoffes wie folgt: In der neuen und besten Ausgabe der Werke Heinrich v. Kleists, die uns die Schöpfungen des Dichters endlich in einem authentischen, nicht „verzierlichten und verlinderten“ Text bietet, sagt Erich Schmidt am Schlüsse seiner Einleitung zum „Michael Kohlhaas“: „Dilettantische Dramatiker aber sollen die Hand von einem Stoffe lassen, der ein- für allemal der großen Erzählungskunst gehört, zumal da, des Rappenpaars zu gesclnveigen, Begebenheiten wie die Stürmung der Tronkenburg nur zu ohnmächtigem Ringen mit der epischen Gewalt und ihrem Herrscher