Heft 
(1905) 14
Seite
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16. (6. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.

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sodaß man sich zu der Annahme gezwungen sieht, daß die Steinkultur (französischIndustrie) des Tertiärmenschen sich bis in die ältesten /eiten des Quartärs d. h. des ältern palaeolithischen Menschen vererbt hat, bis sie bei dem jüngeren palaeolithischen Menschen verschwindet, weil dieser es bereits zu weit verfeinerten eigentlichen Werkzeugen ge­bracht hat.

Als der angesehenste Verfechter dieser eolithischen Kultur gilt unser verehrtes korrespondierendes Mitglied Herr A. Rutot in Brüssel und gegen diesen richtet sich in erster Linie die Ihnen hiermit vorgelegte, mir vom Verfasser in freundlicher Weise zugesendete Schrift über den Ursprung der Eolithe: Marcellin Boule, Professeur de Paleonto­logie au Musöum, LOrigine des Eolithes, Paris 1905 (Auszug aus der ZeitschriftLAnthropologie Bd. XVI, März und April 1905) US. Text mit 15 Figuren.

Herr Boule, längst, wie er sagt, durch die enorme Menge soge­nannter Eolithe in den quarternären Kieslagern stutzig gemacht, bekämpft die Theorien vom Tertiärmenschen und vom Quartärmenschen, soweit sie sich auf die Eolithe stützen, seit 20 Jahren, hauptsächlich weil er die körperlichen Reste des Tertiärmenschen vermißt und weil er glaubt, daß die Eolithe durch natürliche Ursachen erzeugt werden können.

Die Sachverständigen Laville, Präparator an der Bergschule, E. Cartaillac, Obermaier und Boule haben in einem Kreidebruch der Gemeinde Guerville, südöstlich von Mantes, linkes Seine-Ufer, das Verfahren, welches bei Herstellung von Zement zur Herstellung der Schlämmkreide stattfindet, genau beobachtet. Zunächst werden die groben Feuersteinknollen abgesondert, das übrige Kreidematerial, in dem sich aber noch kleinere und größere Feuersteine bis zu handlichen Faust­stücken in Menge befinden, wird unter Benutzung strömenden Wassers von einem 5 m Durchmesser haltenden Rade umgerührt, dessen Um­drehungsgeschwindigkeit etwa 4 m in der Sekunde d. h. ungefähr die Schnelligkeit des Rhone-Flusses bei Hochwasser beträgt. Der Kreide­brei läuft ab und die Steine fallen in dem Becken, worin der Schlämm­prozeß sich abspielt, auf den Boden. An dem wagerechtgedrehten Rade, welches diese durch Micraster cor-testudinarium als Leitfossil gekenn­zeichnete Kreide zerarbeitet, hängen gußeiserne Zacken herunter, durch die die Feuersteine ausgesondert und auch selbstverständlich dabei ver­letzt werden. Die Flinte verletzen sich bei dem Umrollen auch unter­einander und rollen sich gleichzeitig ab. So entstehen viele Steine, welche mit den Silex aus oligocänen, miocäuen, pliocänen und pleisto- cänen Alluvionen zum Teil große Ähnlichkeit haben. Wenn das Wasser abgelassen wird, so haben diese Steine, welche, wie Heu Boule meint, den Rutotschen percuteurs, rabots, grattoirs, retouchoirs, silex ä enconche zum Verwechseln ähneln, einen schlammigkreidigen Über-