Heft 
(1905) 14
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16. (6. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.

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bei einem Haudlungshause in Stettin verwahrt werden sollte. M.W. hat niemand diesen Preis gewonnen.

Es würde sich wohl lohnen, wenn die gelehrten Gesellschaften Pommerns mit Unterstützung der königlichen Regierung ebenfalls eine Geldsumme zur Feststellung der genauen Lage der Steinreste des so­genannten Vinetariffs bewilligten. Die Untersuchung ist technisch sehr schwierig, sehr zeitraubend (weil nur bei stiller See möglich) und recht kostspielig; sie interessiert aber, man kann wohl sagen, die ganze Welt.

VIII. Das wandelnde Blatt, Phyllium siccifolium. Ein Exemplar dieser Kaukerfs oder Geradflüglers (verwandt mit den Heu­schrecken) legt unser Ausschußmitglied Herr Franz Körner aus seiner Naturaliensammlung vor. Das seltsame aus der Familie der Gespenst­schrecken (Phasmodea) stammende Insekt stammt aus Ceilon. Das Tier sieht ungefähr aus wie zwei beieinanderliegende abgestorbene Baum­blätter. Diese Tiere sind recht lehrreiche Beispiele für die Nachahmungs- Verstellung (Mimicry), sie schützen sich durch ihre Gestalt und Farbe einerseits vor Feinden, andererseits könnten sie auch gerade deshalb ihre Beute leichter beschleichen, das haben sie aber kaum nötig, da sie, so viel mir bekannt, von Pflanzenkost lebeD.

D. Kulturgeschichtliches.

IN. Über Einbäume hat Herr Kreisarzt Dr. Hubert Lohmer, den wir häufig als Gast bei uns gesehen, mir auf meine Bitte Mitteilungen gemacht. Er war während der Choleragefahr an der Netze zu Netz- damm bei Bromberg stationiert, verkehrte fortwährend mit Schiffern und erschien mir deshalb geeignet, nachzuforschen, ob sich der Gebrauch der aus einem Stammstück gefertigten Kähne in jenen östlichen an Brandenburg angrenzenden Teilen erhalten hat. Herr Lohmer schreibt mir von Netzdamm am 13. v. M. wie folgt:

Flößer und Fischer benutzen hier zu kleineren Fahrten (z. B. vom Floße auf das Land) kleine aus drei Brettern verfertigte Fahrzeuge

dieses Querschnittes \_/, vorne und hinten spitz zulaufend.

Das Bodenbrett ist in der Mitte des etwa 3-4in langenSchollnik (ob vonScholle herrührend?) etwa 3040 cm breit, sodaß gerade ein Mann darin stehen kann. Diese Boote kippen sehr leicht um; man benennt sie hier so wie am Rhein auch die leichten langen schmalen Wettruderboote genannt werden, alsSeelenverkäufer.

Dieser NameSchollnik wurde ursprünglich für ausgehöhlte und als Fahrzeuge dienende, oft noch durch einen oder zwei Eisen­reifen zusammengehaltene Baumstämme, also Einbäume benutzt, während man die obengenannten, aus Brettern hergestellten Fahrzeuge in der Schiffer- (oder Polen-?) Sprache eigentlichKrakuwke nannte. Diese Einbäume sollen bis vor 5-10 Jahren auch hier noch benutzt worden