Heft 
(1905) 14
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17. (7 ordentliche) Versammlung des XIV. Vcreinsjahres.

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Häuser sollten anfänglich einer Sachverständigcn-Koimnission zur Begut­achtung vorgelegt werden, um dafür zu sorgen, daß architektonisch schön wirkende Bauten auf diesem in bevorzugter Gegend in der Nähe des Königlichen Schlosses liegenden Gelände entstehen konnten. Da je­doch durch die Parzellierung des Gesamtgrundstiicks die Bauausführung der einzelnen Gebäude in die Iland verschiedener Bauherren und Bau­leitenden übergegangen war, so kam es, daß die Entwürfe für die ein­zelnen Gebäude voneinander nicht nur grundverschieden wurden, sondern teilweise so kontrastierten, daß hierdurch die Absicht einer schuldigen Rücksichtnahme auf das bauliche Meisterwerk des Schlosses völlig ver­eitelt wurde. Die beabsichtigte ästhetisch ansprechende, auf architek­tonischen Grundsätzen beruhende Gruppierung der Bauten in den auf dem Wartenbergschcn Gelände entstehenden Straßenzügen wurde nicht erreicht. Hierzu kam, daß zum großen Teil die eingereichten Fassaden im einzelnen sich lediglich an die hier herkömmliche, besonders infolge überreicher Dekoration auf architektonische Schönheit nur in beschränktem Maße Rücksicht nehmende Bauweise anlehnten. Dieser Bauweise kann im einzelnen ebensowenig durch die vorgesehene Begutachtung wirksam begegnet werden, wie dies gegenüber der Gesamtbebauung möglich ist. Um nun den von den Gemeindebehörden erstrebten Zweck, gleichmäßige schön wirkende Fassaden herzustellen, schon jetzt zu erreichen, sollen den Besitzern Beihilfen aus öffentlichen Mitteln gewährt werden.

Dieser löbliche Beschluß der städtischen Behörden unserer Nach­barresidenz ist wenigstens ein wenn auch schwacher Trost für den unwiederbringlichen Verlust des herrlichen zu Baustellen ausge­schlachteten ehemals Wartenbergschcn Gartens.

VIII. Die Freilegung des Brandenburger Tores in Berlin, welche von Zeit zu Zeit auftaucht, wurde in dem nachfolgenden Artikel des B. L. A. vor kurzem behandelt.

Diese Frage ist nicht erst in der neueren Zeit aufgetaucht, sic ist viel mehr recht alt, beinahe so alt wie die rechts und links an das Brandenburger Tor grenzenden Häuser, deren Niedcrlcgung jetzt Gegenstand der Erörterung ist. Die AufTührung des Brandenburger Tores war seinerzeit eine ganz un­erhörte künstlerische Neuerung, die von der bisherigen Bauweise in Berlin vollständig abwich und deshalb das größte Aufsehen erregte. Der berühmte Baumeister Karl Gotthard Langhans aus Landeshut in Schlesien hatte im Jahre 1788 den Entwurf als eine Nachbildung der Propyläen der Akropolis von Athen ausgearbeitet, und nach diesem Entwurf wurde das grandiose Werk ausgeführt. Erst nach der Eröffnung des Tores wurden die Reliefs nach Schadows Entwurf hinzugefügt. Damals kam es zu langen Unterhand­lungen wegen der Gestaltung der Reliefs. Schadow hatte eine Figurenreihe vorgeschlagen, die die Folgen der Tapferkeit darstellte, und falls diese Dar­stellungen nicht genehmigt werden sollten, schlug er die Personifizierung der Stadt Berlin auf der einen und Preußens Schutzgeist auf der andern Seite