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18. (7. ordentl.) Versammlung des VH. Vereinsjahres.
gummiartige Stoffe. Sie führen die Verbreitung der Samen durch liere herbei, ohne dass die Tiere selbst diese Verschleppung beabsichtigen; selbst dann wenn den Tieren diese Anhängsel sehr unbequem und unangenehm sind, bleiben diese Früchte oft lange am Pelz und dem Gefieder haften, man bezeichnet daher diese Art von Früchten passend mit dem Namen der Haftfrüchte.
Eine zweite Gruppe von Pflanzen besitzt Früchte, die von den Tieren eifrig aufgesucht werden; fast durchweg haben diese Pflanzen ein saftiges und weiches Fleisch, das den Tieren als Nahrung dient. Man nennt diese Früchte daher die Fleischfrüchte.
Dieselben besitzen im allgemeinen drei Eigentümlichkeiten:
1. sie haben eine hervorstechende Farbe, welche sie schon von weitem sichtbar macht,
2. sie bilden einen saftigen Teil aus, der von den Tieren aufgesucht wird,
3. sie schützen ihre Samen durch feste äussere Hüllen oder andere Schutzvorrichtungen vor der Zerstörung.
Die Farbe der Fleischfrüchte ist selten weiss (Mistel, Yiscum album); auch nicht eben häufig gelb (Himbeere und Je länger je lieber, Lonicera tatarica), häufiger kommen schon blaue und schwarze Früchte vor (Schlehdorn, Prunus spinosa, Heidelbeere, Brombeere); am häufigsten aber sind rote Fleischfrüchte (Rose, Berberitze, Preisselbeere, Kornelkirsche, Stechpalme und Eberesche). Gerade die rote Farbe ist ja auf dem grünen Grunde der Blätter am weitesten zu sehen und verdient daher den Vorzug vor jeder andern Färbung. Dabei stehen die Fleischfrüchte stets an Stellen und in einer Anordnung, die sie ganz besonders auffällig machen. Wer einmal Ebreschenbäume gesehen hat, welche gerade reife Früchte trugen, weiss wie prächtig die intensiv roten Beeren sich von dem hellgrünen Grunde der Laubkronen abheben, und wird es verstehen, dass die auf der Wanderung begriffenen Krammetsvögel, die diese Beeren sehr schätzen, an einer Allee von Ebreschenbäumen nicht vorbei fliegen, ohne eine tüchtige Mahlzeit zu halten. Man kann sich daher nicht wundern, wenn gerade an den Ruheplätzen der nach dem Süden wandernden Krammetsvögel eine dichte Aussaat von Ebreschen- bäumchen emporkeimt; die Krähenberge bei Potsdam geben ein vorzügliches Beispiel hierfür. Hier stehen in jedem Frühjahr unter den dort seit einigen Jahren angepflanzten Kirschbäumen die Ebreschenkeimlinge so dicht, wie die Kiefern in einer gut gedeihenden Baumschule.
Die Schnelligkeit der wandernden Vögel, die Weite ihrer Wanderungen sowie der Umstand, dass sie selbst Gebirgswälle und breite Meeresarme überfliegen, bewirken, dass die Pflanzensamen im allgemeinen durch die Tiere, speziell die Vögel, sich vielfach eine schnellere und weitere Verbreitung sichern können als sie selbst der Wind giebt.