Heft 
(1899) 8
Seite
29
Einzelbild herunterladen

Kleine Mitteilungen.

29

sonderbarste Weise von vielen alten Landstrassen durchschnitten waren, be­deutende Weinpflanzungen mitKrugschankgerechtigkeit. In der Oranien- burgerstrasse, da, wo jetzt die Iüiuser 2427 stehen, befand sich noch 1842 ein Weinberg, der auch den NamenSchinderberg führte. Hier wurden besonders dunkelrote Trauben gezüchtet. In der Umgegend Berlins war es hauptsächlich die Südseite des Höhenzuges, der sich von den Müggelbergen bis zum Kreuzberg hinzieht, die mit Rebstücken bedeckt war. Der Kreuz­berg selbst trug den NamenRunder Weinberg. Noch heute kann man sich an den Ueberresten der Weinanlagen davon überzeugen, wie wider­standsfähig die ursprünglichen Berliner Reben waren; z. B. befindet sich im Hofe des Gebäudes der ZeitungGermania in der Stralauerstrasse ein alter Weinstock, der eine ungewöhnliche Höhe und ein seltenes Alter erreicht hat. Dass die Bürger Berlins mit ihrem Weine nicht geizten, darauf deutet das Standbild der heiligen Gertraud hin, die dem einziehenden Handwerks­burschen einen Labetrunk reicht. Am Schlüsse seines mit grossem Beifall aufgenommenen Vortrages bemerkte Redner noch, dass die Alt-Berliner ein sicherlich praktisches Verfahren kannten, um den Boden für den Weinbau geeignet zu machen; sie düngten ihn mit Kohlen- und Torfpulver. Der be­rühmte Naturforscher Prof. Förster führt auch das Gedeihen der Reben des Rheinlandes auf die kohlenhaltige Wurzelstätte zurück. Nach Schluss des Vortrages wurde sämtlichen Teilnehmer auf zierlich mit Weinblättern ge­schmückten Tellern eine Traube Berliner Weins gereicht. Mit einem von einem Gaste gedichteten Loblied auf den deutschen Wein schloss das Erntefest.

Die Weintrauben sind übrigens in diesem Jahr in und um Berlin spär­lich gereift Unser Mitglied Herr Dr. Carl Bolle teilte mit, dass der frühe kleinbeerige blaue Augustwein diesmal bei ihm auf der Insel Scharfenberg im Tegeler See erst im Oktober geniessbar geworden sei. Die sonstigen Traubensorten sind gar nicht zur Reife gelangt. In der Stadt Potsdam wird auch in diesem Jahre dort gepresster Traubensaft verschänkt. (Nach­richt des Herrn Rektor Otto Monke). Unter die innerhalb Berlins befind­lich gewesenen Weinberge ist übrigens noch das ausgedehnte Kirchhofsge­lände am Oranienburger Thor zwischen der Chausseestrasse, Hannoverschen und Hessischen Strasse zu rechnen, welches auf den Stadtplänen des 18. Jahr­hunderts als Weinberg gekennzeichnet wird.

Berlin, 26. November 1898.

E. Friedei.

Eine Baumfreundin der märkischen Heimat. Frau von Fried­land, geborene von Lestwitz, Erbfrau der Herrschaft gleichen Namens, sowie der Güter Kunersdorf, Pritzhagen und Boilersdorf, war um die Wende des 18. Jahrhunderts, zu einer pflanzlustigen Zeit, unbestritten die grösste Pflanzerin unserer Marken. Ihr Besitztum umfasste im oberen Barnim eine überaus liebliche, von der Natur in einem Moment holder Freundlichkeit in die Monotonie norddeutscher Landschaft hingezauberte kleine Bergregion, voller Waldesrauschen und Bachesrieseln, die, beiläufig gesagt, einmal einem Pückler, als er sie von Neu-Hardenberg aus auf einem verirrten Ritte un­erwartet betrat, einen Ruf des Entzückens abgewann. Den Lebenslauf ge-