Kleine Mitteilungen.
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sonderbarste Weise von vielen alten Landstrassen durchschnitten waren, bedeutende Weinpflanzungen mit „Krugschankgerechtigkeit“. In der Oranien- burgerstrasse, da, wo jetzt die Iüiuser 24—27 stehen, befand sich noch 1842 ein Weinberg, der auch den Namen „Schinderberg“ führte. Hier wurden besonders dunkelrote Trauben gezüchtet. In der Umgegend Berlins war es hauptsächlich die Südseite des Höhenzuges, der sich von den Müggelbergen bis zum Kreuzberg hinzieht, die mit Rebstücken bedeckt war. Der Kreuzberg selbst trug den Namen „Runder Weinberg“. Noch heute kann man sich an den Ueberresten der Weinanlagen davon überzeugen, wie widerstandsfähig die ursprünglichen Berliner Reben waren; z. B. befindet sich im Hofe des Gebäudes der Zeitung „Germania“ in der Stralauerstrasse ein alter Weinstock, der eine ungewöhnliche Höhe und ein seltenes Alter erreicht hat. Dass die Bürger Berlins mit ihrem Weine nicht geizten, darauf deutet das Standbild der heiligen Gertraud hin, die dem einziehenden Handwerksburschen einen Labetrunk reicht. — Am Schlüsse seines mit grossem Beifall aufgenommenen Vortrages bemerkte Redner noch, dass die Alt-Berliner ein sicherlich praktisches Verfahren kannten, um den Boden für den Weinbau geeignet zu machen; sie düngten ihn mit Kohlen- und Torfpulver. Der berühmte Naturforscher Prof. Förster führt auch das Gedeihen der Reben des Rheinlandes auf die kohlenhaltige Wurzelstätte zurück. Nach Schluss des Vortrages wurde sämtlichen Teilnehmer auf zierlich mit Weinblättern geschmückten Tellern eine Traube Berliner Weins gereicht. Mit einem von einem Gaste gedichteten Loblied auf den deutschen Wein schloss das Erntefest.
Die Weintrauben sind übrigens in diesem Jahr in und um Berlin spärlich gereift Unser Mitglied Herr Dr. Carl Bolle teilte mit, dass der frühe kleinbeerige blaue Augustwein diesmal bei ihm auf der Insel Scharfenberg im Tegeler See erst im Oktober geniessbar geworden sei. Die sonstigen Traubensorten sind gar nicht zur Reife gelangt. In der Stadt Potsdam wird auch in diesem Jahre dort gepresster Traubensaft verschänkt. (Nachricht des Herrn Rektor Otto Monke). — Unter die innerhalb Berlins befindlich gewesenen Weinberge ist übrigens noch das ausgedehnte Kirchhofsgelände am Oranienburger Thor zwischen der Chausseestrasse, Hannoverschen und Hessischen Strasse zu rechnen, welches auf den Stadtplänen des 18. Jahrhunderts als Weinberg gekennzeichnet wird.
Berlin, 26. November 1898.
E. Friedei.
Eine Baumfreundin der märkischen Heimat. Frau von Friedland, geborene von Lestwitz, Erbfrau der Herrschaft gleichen Namens, sowie der Güter Kunersdorf, Pritzhagen und Boilersdorf, war um die Wende des 18. Jahrhunderts, zu einer pflanzlustigen Zeit, unbestritten die grösste Pflanzerin unserer Marken. Ihr Besitztum umfasste im oberen Barnim eine überaus liebliche, von der Natur in einem Moment holder Freundlichkeit in die Monotonie norddeutscher Landschaft hingezauberte kleine Bergregion, voller Waldesrauschen und Bachesrieseln, die, beiläufig gesagt, einmal einem Pückler, als er sie von Neu-Hardenberg aus auf einem verirrten Ritte unerwartet betrat, einen Ruf des Entzückens abgewann. Den Lebenslauf ge-