44
E. Lemke Zur Geschichte der Fischerei.
und solche, die sozusagen gleich als Harpunen zur Welt kamen. Ausserdem wurden Speerspitzen gefertigt, die Fische aufszuspiessen.
Eine solche Speerspitze aus Knochen, nebst dem verkohlten llolz- schaft, wurde unweit Oliva in Westpreussen ausgegraben. Später kamen an einer anderen Stelle dort in einer Tiefe von etwa 3 m zahlreiche Schädel- und Wirbelreste von riesigen Hechten, daneben eine aus Knochen gefertigte Harpunspitze mit Widerhaken zum "Vorschein. Ferner fand man im Weichselkies bei Culm einen Angelhaken aus Horn, der sehr wohl ohne Anwendung von Metallwerkzeugen hergestellt sein kanu. Diese Funde gehören in die jüngere Steinzeit Westpreussens und reihen sich den ansehnlichen Küchenabfällen — Kjökkenmöddinger genannt — an, die in besagter Provinz nachgewiesen sind und als Hauptbestandteil Schuppen und Wirbel von Fischen (vornehmlich von Plötzen, Bressen und Schleien, aber auch von Wels und Zander) enthalten. Damit ist bezeugt, dass die Anwohner des Frischen Haffes vor ungefähr 3000 Jahren Ichthyophagen waren, wie auch noch heute die Bewohner der Nehrungen dort fast ausschliesslich Fischnahrung zu sich nehmen. Einige grössere Stücke der Thonscherben, die zu den erwähnten Funden gehören, stammen von flachen, ovalen Schalen, und es ist wohl möglich, dass letztere Lampen vorstellten, die mit Fischthran gefüllt wurden.*)
Die schwedischen Kjökkenmöddinger bekunden (nach Montelius**) gleichfalls den zur Steinzeit in umfangreicher Weise ausgeführten Fischfang. Die gleichaltrigen Angelhaken bestehen entweder ganz aus Knochen oder aus Knochen mit einer Spitze und einem Widerhaken aus Feuerstein. Auch sind Harpunen und Stechgabeln gefunden.
Ehe wir uns in der Mark Brandenburg umsehn, sei noch von Ostpreussen berichtet, wo die Steinzeit u. a. durch eine erstaunliche Anzahl Fischstecher vertreten ist. Die dem Prussia-Museum in Königsberg angehörenden Stücke bestehen aus Knochen und Geweih, oft mit eingesetzten Feuersteinsplittern als Widerhaken; bei einigen sind noch die Spuren der pechartigen Kittmasse vorhanden, die zur Befestigung der Splitter nötig war.***) — Ein Hinweis auf Vorkommnisse in Estland möchte hier wohl am Platze sein. Dort hat die Steinzeit bedeutend länger gedauert als bei uns, wahrscheinlich bis zum Beginn christlicher Zeitrechnung. Constantin Grewingk, der — beiläufig gesagt — so eingehend über die dem heidnischen Totenkultus dienenden, schiffförmigen Steinsetzungen geschrieben hat, führt von Funden in Estland an: Harpunenspitzen aus Elenknochen mit einer Reihe gerader und ge-
) H. Conventz, Vorgeschichtliche Fischerei in Westpreussen (Festgabe f. d. Teilnehmer d. III. D. Fischereitages z. Danzig, 1890). S. 75 u. f.
**),0. Montelius, Die Kultur Schwedens in vorchristlicher Zeit. (A. Appel.) 2. Aufl. S. 25 u. 26.
***) Katalog d. Prussia-Museums, I. (1893.) S. 19 u, f.