Heft 
(1899) 8
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E. Lemke, Zur Geschichte der Eischerei.

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Das Wasser wimmelt von beschuppten Bewohnern, und das Ereignis des Fiscbzuges und des ergötzlichen Fischstechens ist ungeheuer. Am Lande werden die Fische zerschnitten, getrocknet und eingesalzen.*) Bei Egyptern sowohl, wie bei Syrern, Assyrern und Phöniziern wurden die Fische z. T. göttlich verehrt und daher von den Priestern nicht ge­nossen. Auch die Pythagoreer (im (>. Jahrh. v. Chr.) enthielten sich ihrer, da sie in ihnen ein Natursymbol des Schweigens ehrten. In Lykien weissagten Priester aus dem Erscheinen gewisser Fische. Als Hiero­glyphe bezeichnet der Fisch Vermehrung und Reichtum. Ebers ist der Ansicht, dass der einem Geschlechte der Vorwelt (den Schmelzschuppen oder Ganoiden) angehörende Flösselhecht das Vorbild des hieroglyphi- schen Zeichens gewesen ist.**) Der Fisch ist auch altchristliches Symbol; und in Wappen werden Fische als Sinnbilder von Vaterlandsliebe und Vorsicht gedeutet. Als Zeichen seiner Vermählung mit der Kirche trägt der Papst denFischerring mit dem Bilde von Petrus, der in der rechten Hand den Himmels-Schlüssel haltend in einem Kahne sitzt. Vom 13. Jahrhundert ab bis auf die neueste Zeit werden mit solchem Ringe die sogenannten päpstlichenBreven geschlossen. Das Siegel zeigt auf dem Reifen, der Petrus Kopf umgiebt, den Namen des jeweiligen Papstes, nach dessen Tode es vom Kardinalkämmerer zerbrochen wird, worauf die Stadt Rom dem neugewählten Papste einen neuen Siegel­ring schenkt. Diese Sitte mahnt daran, dass Petrus ein armer Fischer war. Sein Kahn war gewiss ein anspruchsloses Fahrzeug, aber wohl keinEinbaum, der auch die BezeichnungSeelenverkäufer verdient.

In Einbäumen, u. a. aus Esclienstümmen hergestellt, fuhren die Germanen zuerst aufs Meer, d. h. im Jahre 45 n. Chr. die Chauken, welche die Küsten Galliens heimsuchten, um Beute von dem reichen und unkriegerischen Volke daselbst zu gewinnen. Je 3010 Mann sassen in einem Einbaum. Das war ein seemännisches Wagstück. Aber alle Germanen waren gute Schwimmer, als welche auch Cäsar sie bewunderte, und die Chauken waren ein überaus geschicktes Fischervolk. Sie ver­standen auch, aus Schilf und Meerbinsen Netze zu flechten, deren sie sich bei zurückweichender Flut mit Erfolg bedienten.***)

Wir kehren nun zum Lande und in die Mark Brandenburg zurück. Eine besondere Eigentümlichkeit der wendischen, zumal der wilzischen Bevölkerung ist die Anlage künstlicher Fischerstätten (Kietze) in Seeen und Pfahlbauten. Sämtliche aus der Mark bis jetzt be­kannten derartigen Niederlassungen im Wasser stammen aus der wendi-

*) Georg Ebers, a. a. O., I. S. 188.

.**) Georg Ebers, a. a. 0., I. 8. 121.

***) Martin Beck, Die alten Germanen zur See. Leipz. Ztg., 5. Febr, 1898. Wilhelm Wackernagel, Kleinere Schriften. I. S. 80. Sch. D. Tagesztg., 4. Sept: 1898.