Heft 
(1899) 8
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E. Lemke, Zur Geschichte der Fischerei.

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seind, auf Ersuchen mit zu Grabe gehen und nicht aussen bleiben, bei 3 Gr. Straffe, wer aber zu langsalnn kömpt, soll einen Groschen geben. Im Jahre 1792 heisst es in der Ordnung der Fischer- und Fischkäufer- Gilde zu Havelberg:An Sontagen und den Festtagen, die würklicli ge- feyrt werden, muss jeder spätestens um 6 Uhr Morgens vom Fischen und Fischkaufen wieder zu Hause seyn, es wäre denn, dass Sturm wäre, und der ausgefahrene Fischkäufer wegen Sturms und Regenwetters schlechterdings nicht sollte zu Hause kommen können.

Das schlechte Wetter wirft in das Lebensbild eines Fischers ganz besonders ernste Schatten. In den Unterhaltungen, die man mit solchen Leuten führt, wird es natürlich oft erwähnt, wie ich dies im vergangenen Sommer während eines längeren Aufenthaltes in Zoppot wieder erfuhr. Ich bin fast täglich zu den Fischern gegangen, unter denen mich vor­nehmlich ein origineller Grossvater interessierte, der freilich meistens ein wenigangerauscht war. Von ihm erfuhr ich manchen Brauch und Aberglauben, Ergänzungen zu den Mitteilungen der andern Fischer, die am liebsten über Reisen und persönliche Erlebnisse plauderten. Zu wiederholten Malen jedoch musste ich Versuche anstellen, um von dem Alten Auskunft übersegenbringende Sächelchen zu erhalten. Das Amulet, das man immer bei sich haben sollte, besteht dort aus Gräten von Stör und Lachs; auf dem Tische, an dem man es herstellt, müssen sich Kreuz und Weihwasser, Brod und Schnaps befinden. Möglicher- weise gilt dies nur für Katholiken. Ein anderes Amulet wird aus Bern­stein undHeilkraut zusammengesetzt. Welche Pflanze gemeint ist, konnte mir der Alte nicht angeben; auch murmelte er noch weitere Ge­heimnisse vor sich hin, denen ich da er gerade mit grossem Durst zu kämpfen hatte nicht weiter nachforschen konnte. Zum Beschweren der Netze benutzt man u. A. sogenannteBleiknoden, die aus langen Stangen zurechtgeschnitten und zu Röhren geformt werden; solche Blei­stange kostet beim Händler nur M. (',25. Die Bleiknode traf ich be­sonders in Zoppot an, während in dem benachbarten Adlershorst meistens ein beliebiger Stein als Netzbeschwerer oder Netzsenker dient; der Stein wird in Leinwand (oder dgl.) gewickelt, diese fest umschnürt und zu­weilen getheert. DieFlotthölzer schneidet man wohl zumeist selber aus Boike, ihnen eine längliche oder keilförmige Gestalt gebend. Aber auf derLangen Brücke in Danzig kauft man auch Netzschwimmer, die aus schwedischer Borke oder aus Kork bestehen. Gewöhnlich schneidet der Besitzer seinen Namen ein. Oft erwähnen die Fischer, es hätte sich um Achtel-Fischfang gehandelt. Dies wurde mir so erklärt: zuerst wird das Achtel an der Leinemarkirt, aber doppelt, so dass man Sechs­zehntel vor sich hat. Die Leine liegt im Wasser doppelt genommen, nämlich im Kreise, dessen Mittelpunkt beim Fischen unberücksichtigt bleibt. Das Netz, das zu dieser Leine gehört, wird von zweien zugleich

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