Heft 
(1899) 8
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E. Lemke, Zur Geschichte der Fischerei.

von mir bekannten ostpreussischen Fischern, z. B. aus meiner Heimat (dem Oberlande), noch mancherlei erzählen könnte, wie auch von den Fischereiverhältnissen an dem ausserordentlich grossen See Geserich, wo wir (ausser bei noch anderen Seeen) eine von 1551 stammende Fischerei­gerechtigkeit besassen, will ich doch darauf verzichten und wieder zur Mark Brandenburg zurückkehren.

Ich kann hier nicht über Fischerei sprechen, ohne des Spreewaldes und des geradezu kulturgeschichtlich interessanten Kito Pank (oder Kitko) zu gedenken, mit dem unser berufenster Spreewald-Forscher» \V. v. Schulenburg, uns bekannt gemacht hat.*) In wahrhaft klassi­scher Schilderung führt v. Sch. uns in der Einleitung zu'seinenWen­dischen Volkssagen und Gebräuchen den vielgeprüften, alten Wenden vor, der auf gebiechlichem Kahne, in dessen Ecken Gräser sprossten, zum Fischfänge oder, wie man im Spreewalde sagt,in die Fische fuhr, Netze strickte und so unvergleichlich erzählen konnte. (Ich weiss nicht, ob er noch am Leben ist.) Die Seejungfern zeigen sich auch hier, besonders wenn schlechtes Wetter kommen soll; sie singen gern, und man hat sie auch bei vielen Gelegenheiten gut beobachten können. An der Kschischoka erschien früher oft in der Mittagsstunde und am Abend eine Frau, die sich die langen w'eissen Haare kämmte und die Fischer beunruhigte ; nach Sonnenuntergang konnte kein Fischer mehr vorbeikommen, sie nahm ihn ins Wasser mit. Auch derNyx ist den Fischern nicht angenehm. Der Nyx in der Schrebeniza lässt zur Nachtzeit niemand vorbeifahreu; er lärmt und kehrt die Kähne um. Wo ein Nyxe ist, giebt es keine Fische und Krebse.

Wenn das nicht buchstäblich zu nehmen ist, so ist um so ernster und wahrlich beherzigenswert, was 0. Stargardt (Kgl, Hof-Maurer­meister) von den veralteten, räuberisch verwüstenden Fanggeräthen sagt, nämlich in seiner vortrefflichen (wohl noch nicht veröffentlichten) Schrift Beschreibung der im K.-B. Potsdam vorkommenden Fanggeräte und Fangarten. Zu verbieten wären danach u. A.: das Eisen oder der Speer (mit 56 Spitzen), die Hechtschleife (mit einer Gabel und Bind­faden), die Tollkeulen (mit denen der Fisch unter die Eisdecke gelockt wird), die Schleppe oder Murre (auf überschwemmten Wiesen).

In dem in derBrandenburgia schon öfters erwähntenHaus­buche des alten Colerus (1645)**) ist auch über Fischerei eine unglaub­liche Fülle von Nachrichten ausgebreitet.Vmb Bartholomaei hören die Fische auf in die Länge zu wachsen | vnnd heben an zuzunehmen j vnd

*) Wilibald von Schulenburg, dem Spreewald.

Wendische Volkssagen und Gebräuche

aus

*) Colerus, Oeconomia Ruralis et Domestica.