E. Lemke, Zur Geschichte der Fischerei.
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und der Kabeljaufang auf den Bänken von Neufundland beschäftigt gegen ‘5000 Fahrzeuge mit 50 (HK) Fischern. Es ist durchaus nichts Seltenes, dass ein einziger Fisch eine halbe Million und noch mehr Eier ablegt.*)
Da kann es nicht verwundern, dass der Fisch im allgemeinen und der Karpfen — der (s. Tesdorpf a. a. O., S. 31) 3 —700 000 Eier liefert — im besondern als Sinnbild von Reichtum und Wohlergehen gilt. In der Mark verwahrt man daher Schuppen der um die Jahreswende verspeisten Karpfen.
Wozu mitunter die Fische auch sonst genützt haben, melden alte Mythen und Legenden, auf die leider aus Zeitmangel hier nicht eingegangen werden kann. Aus der Neuzeit sei jedoch die einer Mythe gleich- kommende, das Fischervolk vornehmlich interessierende Behauptung erwähnt: dass CecilRhodes sein nach vielen Millionen zählendes Vermögen einem bei Sidney getöteten Haifische zu danken hat, in dessen Magen er ein Blatt der „Times“ mit der Kunde von der Kriegserklärung Frankreichs an Deutschland fand. Die schnelle Verwertung dieser in Australien noch nicht bekannten Nachricht legte den Grund zu Rh.’s weltbekannter Stellung.**)
Ob der h. Ulrich da mit im Spiele war?! Diesem ward der Fisch zum Attribute gegeben, und es wird erzählt, dass an dem Feste des Heiligen ein Fischrnarkt bei seinen Kirchen abgehalten wurde. In England sassen dann besonders fromme Leute mit Karpfen und andern Fischen in der Kirche, nahe dem Altar.***) In eiuem alten Volksliede heisst es:
David spielt die Harpfen,
Ulrich brät die Karpfen — nämlich im Himmel.f)
Montanus meldet von einem Götzenbild, das einen Karpfen in der Hand hält, und erzählt uns, wie an Flüssen und Meeren den Göttern Fische geopfert wurden; Reste von verbrannten Fischen wurden auf Opferstellen gefunden. Die Forelle im Herthesborne war den Verehrern dieses Gewässers unverletzlich. Im Mittelalter genoss der Hecht eine besondere Auszeichnung.ff) Seine Kopfknochen werden Amulette abgegeben haben, wie noch heute u. A. am Kurischen Haffe.
Der einäugige Hecht, überhaupt einäuige Fische, die z. B. während des Gewitters auftauchen, gehören zu mythologischen Vorstellungen, die
*) W. Lackowitz, Das Buch der Tierwelt. S. 682.
**) Mark Twain, Meine Eeise um die Welt. (8. Voss. Ztg., 15. Januar 1899.)
***) Karl Weinhold, Vom heiligen Ulrich. (Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde, 1895). S. 423 u. 424.
f) Erich Schmidt, Lesefrüchte zum Volksliede. (Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde, 1895.) S. 362.
ft) Mont anus, Die deutschen Volksfeste, Volksbräuche und deutscher Volksglaube. III. S. 179 u. 180.