Issue 
(1899) 8
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22. (0. ordentl.) Versammlung des VII. Vereinsjahres.

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Photographien in Originalgrösse von neun verzierten Ostereiern aus der einschläglichen reichen Sammlung des Märkischen Provinzial­museums vor. Darunter zwei von ihm bei Schildhorn im Grune- wald gesammelte, ln den benachbarten Haveldörfern Pichelsdorf, Tief wer der pp. werden Hühnereier mit weissein Binsenmark umklebt und mit bunten Zeugstückchen, Flickenwerk u. dgl. veiziert, 2 Proben sind abgebildet. Biesenthal an der Berlin-Stettiner Bahn hat eben­falls ein charakteristisch verziertes Osterei geliefert. Besonders aber zeichnet sich die Wendei, sowohl die verdeutschte wie die sprachlich noch erhaltene durch charakteristisch linear verzierte Ostereier aus. Zwei Proben liegen aus dem Spreewald, vier von Finsterwalde, dgl. 4 von Spremberg vor. Hier sind es namentlich einzelne Schullehrer, die sich durch besondere Zeichenkunst hervortluin und die Eier mit Kreuzen und anderen christlichen Symbolen, mit Blumen und dergleichen sauber und freundlich zu schmücken verstehen.

Der Kultus des Ostereis geht durch die meisten deutschen und sämtliche slavischen Stämme hinein bis zur Berührung mit dem Orient,*)

Im Orient findet sich abgelöst vom Osterfest ebenfalls der Eier- Kultus. Dass icli i. J. 1892 in Tunesien Ostereier fand, habe ich Brandenburgia I. 228 und III. 9 erwähnt. In ganz Tunesien kennt man Glückseier, die gegen den bösen Blick schützen, das sind Hühner­eier, auf welchen man in geschickter Weise kleine Hufeisen die also auch hier wie bei uns schützende Talismane sind aus Blei mit Hufnägeln von gleichem Metall befestigt. In Palästina hängt man Glückseier mit einem Glasring zum Schutz von Fruchtbäumen gegen den bösen Blick auf.**)

Tn derartig schützender Bedeutung findet man in der Provinz Brandenburg das Ei mehr noch in Häusern, Ställen und Kirchen auf­gehängt. So bemerkte ich ein dgl. Ei in der Kirche zu Mödlich, Kreis West-Priegnitz, unter der Decke der Kirche angebracht.

Als Bauopfer***), um dem Gebäude Stand und Schutz gegen Feuers- oder Wassernot zu gewähren, sind Eier bei uns in den Funda­menten oftmals niedergelegt worden, teils frei in Mauerfugen, teils in Töpfen. Beispiele hiervon aus dem alten Berlin hat das Märkische Museum gesammelt.

8. Herr Kustos Buchholz unter Vorlage von Photographien:

Die dem alsbaldigen Verschwinden ausgesetzten älteren Berliner S t r a s s e n - u n d II ä u s e r - P r o s p e kt e werden bekanntlich vom Märkischen

*) Vgl. meine Angaben imBär 1883. IX. S. 313 und Brandenburgia I. 226 flg. sowie III. 813. E. Fr.

**) Globus, Jahrg. 1899. 8. 19. E. Fr.

***) Über Bauopfer meine Angaben Brandenburgia IV. 252. E. Fr.