Heft 
(1899) 8
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Pegtzeiten in Berlin und der Mark Brandenburg.

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Gebiet als einige andere Epidemien, wie solche den Europäern über die ganze Welt gefolgt sind, so Pocken, Cholera, Masern, Scharlach. Das gesamte* Pestgebiet beschränkt sicii auf Europa, den grössten Teil Asiens und den nördlichen Saum Afrikas. Noch viel enger begrenzt sind die meisten Pestepidemien der neueren Zeit. Eine grosse Unterstützung wird dem Versuche einer geographischen und historischen Darstellung der Pest dadurch gewährt, dass diese Krankeit deutlicher bestimmbar ist, wie kaum eine andere. Die meist zur Eiterung gelangenden Drüsebeulen (Bubonen) an den Stellen, wo Beine, Arme und Kopf an den Rumpf anstossen; die in grösserer Zahl gleichzeitig auftretenden grossen Blutschwäre (Carbunkel), die unregelmässigen violetten Flecke und Striemen auf der Haut (Petechien), der schnelle Verlauf, und der meist in der ersten Woche, oft in wenigen Tagen eintretende Tod, haben die meisten Epidemien der gewöhnlichen, sogenannten orientalischen oder Bubonen-Pest so scharf charakterisiert, dass man leicht aus den Mit­teilungen auch nicht ärztlicher Schriftsteller die Krankheit erkennen kann.

Allerdings treten eine Anzahl Epidemien unter anderem Bilde auf, und nur besondere Umstände erlauben, sie in die Pestausbrüche einzu­reihen. Dies gilt besonders von der furchtbaren Seuche desschwarzen Todes, wie sie die Völker des Mittelalters grausamer hinweggerafft hat, als je eine andere Krankheit irgend eine Völkergruppe.

Guy de Chauliac beschreibt die Krankheit, die er selbst beobachtet hat. Guy de Chauliac war der berühmteste Chirurg des 14. Jahrhunderts in Frankreich, und sagt:

Dieses Sterben zeigte zweierlei Verlauf. Zuerst, während zweier Monate, bestand die Seuche aus einem anhaltenden Fieber mit Blutspeien; die Kranken starben innerhalb 3 Tagen. Die übrige Zeit hindurch ver­lief die Krankheit ebenfalls mit anhaltendem Fieber und Schwären und Brandbeulen der Haut, besonders in der Achselhöhle und den Leistenfurchen. Der schwarze Tod ging also allmählig in die gewöhnliche Beulen­pest über.

Doch bevor icli mich etwas genauer über den sogen.Schwarzen Tod auslasse, muss ich noch aus dem Altertum nachholen, dass unter den vielen Seuchen, die damals geherrscht haben und welche von den Schriftstellern im allgemeinen alsPestis, Seuche, betitelt werden, nur eine als wirkliche Beulenpest angesehen werden kann. Das ist die grosseJustinianische Pest, welche von 53158U nach Christo ge­herrscht hat. Procopius sagt darüber in seinem Buche : de bello Persico: Sie entstand zu Pelusium, und verbreitete sich nach Alexandrien und dem übrigen Egypten, dann nach Palästina und dem ganzen übrigen, damals bekannten Erdkreis. Die Verheerungen dieser Pest müssen ganz unge­heure gewesen sein. So sollen an manchen Tagen in Constantinopel, wo damals Kaiser Justinianus herrschte, nachdem die Pest ihren Namen