Peatzeiten in Berlin und der Mark Brandenburg.
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der Städte und Ilöfe wurde verabsäumt, die Gassen waren so wie die Wohnungen enge und schmutzig. (Ich bemerke hierzu, dass es erst unter dem grossen Kurfürsten den Bürgern von Berlin und Köln verboten wurde, ihre Schweinekoben unter ihren Fenstern auf der damals noch ungepflasterten Strasse anzulegen).
Wenn auch vernünftige und in der Physik erfahrene Männer da gewesen sind, welche den obrigkeitlichen Personen und Magistraten hätten an die Hand gehen können, so waren doch letztere aus Mangel der nötigen Wissenschaft und verbesserten Einsicht nicht fähig, guten Kat zu fassen und anzunehmen, sonst hätten viele Tausend Menschen durch ihre vereinigte Hülfe nicht allein von der Wut der Krankheit, sondern auch von den dabei vorfallenden, grausamen und von der Obrigkeit selbst begünstigten Verfahren können errettet, und die Seuche selbst mehr eingeschränkt werden. So aber war schon alles zu sehr gewöhnt, blindlings den Lehren der Geistlichen zu folgen, die gesunde Vernunft gefangen zu nehmen, oder sie vielmehr niemals anders als unter jener ihrer Leitung zu gebrauchen. Die Geistlichkeit sehe sowohl Hungersnot, Teuerung und Miss wachs, als auch die darauf folgenden Pesten, nicht als natürliche Begebenheiten, sondern als Strafgerichte Gottes und als Züchtigungen an, die sich die Menschen wegen ihrer Sünden zugezogen hätten, Durch dieses Vorurteil verfehlten sie des rechten Weges in ihren Verordnungen.
Die Bischöfe gaben Hirtenbriefe heraus, in welchen sie das Volk nicht zu leiblichen, sondern zu geistlichen Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen vermahnten, weil es nach den Worten David’s besser sei, in die Hände des Herrn zu fallen als in die Hände der Menschen. Es wurden Gebete vorgeschrieben und der Heilige benannt, an den sie sich wenden sollten, um Ablass von ihren Sünden und dadurch Hülfe und Befreiung von der Pest zu erhalten. Ja sogar die physischen Hülfsmittel wider dieses Übel wurden als Sünde und Verführungen wider Gottes Strafgericht verworfen und gänzlich verboten. Es mussten die Menschen dieses Zeitalters die Bequemlichkeit, den Verstand ungebraucht zu lassen und von anderen geführt zu werden sehr teuer bezahlen. Es war ein gewöhnlicher Kunstgriff der Geistlichen, dass sie die Gemüter der Menschen in einer beständigen Furcht erhielten, um sie in ihrem Thun und Lassen ungewiss zu machen, damit sie sich ihren Führungen desto unumschränkter überliessen. Der Aberglaube und die Vorurteile der Geistlichen machten, dass sie viele natürliche Begebenheiten als sichere Vorher Verkündigungen der göttlichen Strafgerichte ansahen. Nordschein (Nordlichter) und Kometen wurden zu göttlichen Offenbarungen gemacht; Auswürfe der Schmetterlinge oder Papilliones setzten ganze Länder in Schrecken und Trauer. Sie machten das Volk durch das beständige Predigen über diese Luftzeichen und
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