Heft 
(1899) 8
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Otto Pniower, Die erste Berliner Zeitschrift in deutscher Sprache.

Auch über sein Leben ist uns bisher wenig überliefert. Er war vielleicht der Sohn jenes Gottlieb Heinrich Oelven, der im Jahre 1656 als Sekretär der Geh. Kanzlei in Berlin erwähnt wird (Küster, Altes und neues Berlin 3, 331), und sein Vater stand vielleicht im Dienst des Grafen von Wittgenstein, als dieser als Gesandter Brandenburgs im Münster an den Verhandlungen über den Westfälischen Frieden teilnahm. (Bär 2, 185). Er wurde Offizier und nahm als Rittmeister seinen Ab­schied. Vielleicht zwang ihn Krankheit dazu, da er später gelähmt war und auf Krücken ging. Er war viel im Ausland, in Frankreich und Holland, wie aus vielfachen Anspielungen auf diese Reisen in seinen Schriften hervorgeht. Seine Bildung war nicht gewöhnlich. Dass er das Französische wie seine Muttersprache handhabte und in ihr schrieb, will zwar in der damaligen Zeit nicht viel besagen. Er war aber auch ein guter Lateiner. Auch des Hebräischen scheint er kundig gewesen zu sein. Sein deutscher Stil ist für seine Zeit gewandt und kräftig. Er war Mitglied der Berliner Akademie, verlor jedoch später seinen Sitz. (Archiv der Brandenburgia 2, 33). Er hatte sich missliebig gemacht durch eine leidenschaftliche Polemik, in die er mit einem Kollegen in der Akademie, La Croze, geraten war, dem katholischen Renegaten, der, nachdem er den Benedictiner-Orden verlassen hatte und zur reformierten Kirche übergetreten war, in Berlin eine angesehene Stellung in der Gelehrtenwelt wie bei Hofe erlangt hatte. Aber sein Verhalten gegen La Croze war wohl nicht das einzige, was man ihm zum Vorwurf machte. Er scheint noch mehr auf dem Kerbholz gehabt zu haben. In einem, in unserm Archiv Bd. 2 S. 12 ff. abgedruckten Schreiben an Leibniz sagt Job. Leonh. Frisch von ihm:aber dergleichen Leuthe sind ulcera* (Geschwüre) und keine Zierden einer Societät. Die Akademie war es auch, die Oelven verbot, ferner etwas ohne Censur drucken zu lassen und die sich zuletzt genötigt sah, der Fortsetzung seiner Zeitschrift das imprimatur zu versagen. Oelven scheint die Aus- stossung aus der Akademie nicht ruhig hingenommen zu haben. Aus einem Brief Leibnizens an La Croze wissen wir, dass er gegen die Societät eine Klage eingereicht und ihr zum Vorwurf gemacht hat, 70 000Thaler, die durch den Vertrieb von Kalendern gewonnen worden seien, im Kasten behalten zu haben.

Oelven war offenbar eine leidenschaftliche, schmähsüchtige Natur, ein Pamphletist von nicht eben gutmütiger Art und von rücksichtsloser Schroffheit. Sein ganzer Hass galt den Vertretern des Skepticismus in der Wissenschaft, jenen Anhängern der eben entstehenden Aufklärungs­epoche, die hauptsächlich von der Kritik des Überlieferten, von der Anzweiflung des bisher Gültigen die Fortschritte der Wissenschaft er­warteten. Der Hauptrepräsentant jener wissenschaftlichen Richtung, deren Gipfel später die Namen Voltaire und Lessing bezeichnen, war