94 Otto Pniower, Die erste Berliner Zeitschrift in deutscher Sprache.
Ein abgesagter Feind ist Oelven des Kaffees oder, wie er sich ausdrückt, des Coffys. Er hält ihn für höchst ungesund und schädlich und schlägt statt seiner einen aus der gerösteten Mandel hergestellten Trank vor, für den er die Bezeichnung „Mandelade“ prägt. Auch hier giebt er umständlich die Zubereitung an und kann sich nicht genug thun in der Anpreisung seiner wohlthätigen Wirkung.
Einmal (S. 29 f.) erörtert er eingehend die Frage, ob der heiligen Kunigunde, der Gemahlin Kaiser Heinrichs II., der ihr zuerkaunte Ruhm der Keuschheit gebühre oder nicht. Nicolaus Hieronymus Gundling, der unbekanntere, aber tüchtigere Bruder des mehr berüchtigten als berühmten preussischen Historiographen, ein Schüler von Christian Thomasius, hatte ganz in der Art seiner Schule in seinen unter dem Titel Otia gesammelten historisch - kritischen Abhandlungen diese so eminent wichtige Frage aufgeworfen und war zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kaiserin mit Unrecht in dem Ruf der Keuschheit stehe. Oelven bricht nun mehr ritterlich als wissenschaftlich eine Lanze für die geschmähte Frau, wobeier es jedoch nicht unterlässt, in allerlei Obscoeni- täten zu schwelgen. Er entfaltet dabei eine erstaunliche Kenntnis längst verschollener Histörchen, wie es denn seiner abstrusen, polyhistorischen Gelehrsamkeit eigentümlich ist, aus den entlegensten antiken oder mittelalterlichen Schriftstellern allerlei Anekdotenkrain zusammenzutragen.
Dieser Erörterung lässt Oelven (S. 36 f.) eine Mitteilung folgen, die ihm Gelegenheit giebt, seinem fanatischen Hass gegen die ,Henker- mässigen Doctoren 1 Luft zu machen. Er erzählt von einem ,Kl einstädtischen Quacksalber', der in zwei Fällen im Leib zurückgebliebene Kugeln durch immer erneutes Schneiden vergeblich zu entfernen versucht habe. Nach unsäglichen Qualen, die Oelven in unheimlicher Freude am Grausigen beschreibt, seien beide Patienten gestorben. Diese Sucht zu operieren, sei um so verwerflicher, als wie er mit fetter Schrift angiebt, folgendes einfache Mittel stecken gebliebene Kugeln entferne: „Nämlich eine
Kugel, so aus einem angeschossenen wilden Schweine ausgeschnitten, breit geschlagen und übergeleget, ziehet in 24 Stunden eine im Leibe des Menschen steckende Kugel heraus, wann man sich auf dieselbe Seite legt, da die Kugel steckt.“
Und von hier springt Oelven wieder zu einem ganz anders gearteten Thema über. Er hatte ein Jahr vorher eine Theorie über die Entstehung der wohlriechenden Ambra aufgestellt. Er schrieb dieser aus dem Innern des Pottfisches stammenden Substanz einen selbständigen Ursprung zu und hielt sie, wie er sich ausdrückt, für ein „Lufftwerck“, für eine Art Tliau, der vom Himmel fallen oder sonstwie sich bilden sollte. Ein Dr. Heinrich Anhalt hatte es gewagt, diese Ansicht Oelvens anzuzweifeln, und gegen ihn wendet er sich und zwar in der unflätigsten Weise.