Heft 
(1899) 8
Seite
108
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lQg 1. ordentliche Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

vielfach fremde Bäume hierher übergeführt und verpflanzt wurden und im 17. Jahrhundert die Parkanlagen des Tiergartens sich bis in diese Gegend erstreckten. Hier lagen seit 1757 verschiedene Baulichkeiten der Porzellan­fabrik und dahinter, zu Nicolais Zeit, ein Exerzierhaus für das Regiment Möllendorf. Der Mendelsohnsche Garten ist erst um 1820 angelegt worden.

Sind diese Schlussfolgerungen richtig, so würden beide Bäume von ihrem Interesse allerdings einbüssen, denn sie wären dann erheblich weniger alt als Carl Bolle und vor ihm Theodor Fontane sie geschätzt haben und sie wären nichtfreiwillig an Ort und Stelle entstanden.

Hören wir zunächst, was einer unserer bedeutendsten baumkundigen Gewährsmänner, unser Vorstandsmitglied Dr. Carl Bolle, in der 2 . Aus­gabe seinerAndeutungen über die freiwillige Baum- und Strauchvegetation der Provinz Brandenburg, Berlin 1887, S. 114 und 115 gesagt hat.

Dass der vielbesprochene Taxus des Herrenhauses zu Berlin aus einem Sprössling der Wildnis zu einem Gartenbaum geworden sei, wird kaum be­zweifelt werden können. Fontane schreibt ihm, sicher mit Recht, ein Alter von 6700 Jahren zu, während welcher er die wunderbarsten Wandlungen seiner Umgebung erfahren hat, ohne, Dank sei es dem hohen Schutze, der ihm zu Teil ward, von der Unversehrtheit seiner ungeheuren Krone etwas einzubüssen. Die weithin schattenden Äste erscheinen, aus der Ferne gesehen, wie ein Bosket für sich und übertreffen in ihrer Breite die Höhe des Baumes, welche auf etwa 36 Fuss zu schätzen ist, die Kronen­ausdehnung lässt sich erst mit 22 Schritt abschreiten, während der Stamm- umfang dicht unter der nicht hoch über dem Boden sich abzweigenden Ver­ästelung, nach Messung am 7. Februar 1887, 1,86 m beträgt. Durch den Bau eines Hintergebäudes ist der Baum etwas ins Gedränge gekommen, in­dem einerseits die Astspitzen desselben schon fast an die Fenster reichen.

In gleicher Fluchtlinie mit dieser Rieseneibe steht eine zweite, nur wenige Schritte von ihr entfernt. Diese scheint, als der Wald hier zum Garten wurde, als Pendant zu ersterer, die sie an Höhe etwa um 6 Fuss überragt, gepflanzt worden zu sein, hat indes auch schon verhältnismässig respektable Dimensionen erreicht. Stammumfang: 0,92 m, bei einem schlan­keren und vom Geäst höher hinauf gereinigten Stamm, dessen Verzweigung sich gleichfalls als eine sehr horizontale darstellt. Belastung durch Schnee­massen ertragen diese Taxus leichter, als man glauben sollte; vermöge ihrer Elastizität biegen sich die Äste dabei, ohne jemals zu brechen, tief zum Erdboden hinab. Man will beobachtet haben, dass das Abschütteln des Schnees ihnen eher geschadet als genützt habe.

Beide Eiben sind männlichen Geschlechts. Bei beiden ist auch der Gipfeltrieb ein völlig unverletzt aufwärtsstrebender, so dass wohl gesagt werden darf, man habe es hier mit Normalbäumen zu thun, die in der vollen Kraft des Lebensalters stehend, wenn der Mensch sie zu schonen fortfährt, noch einer langen Zukunft von Jahrhunderten entgegensehen dürfen.

Die grosse Eibe des Herrenhauses verdient zweifelsohne nicht nur den Namen des ältesten aller lebenden Berliner, sondern auch des berlinischsten