2. (1. ausserordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.
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Ensemble mit dem überladenen Bilderschmuck der Wände. Dagegen hat die dritte Gruppe von Sälen und Zimmern lediglich den Charakter von Wohnräumen, in denen sich die Gemälde dem freilich sehr eleganten Übrigen unterordnen; Sie werden diese Räume mit den Familienbildnissen und einigen besonders interessanten Arbeiten neuerer Meister, darunter vier grösseren idealen Darstellungen von Hans Makart, die wenig bekannt sind und durch einen eigentümlichen Farbengeschmack auffallen, zuletzt kennen lernen. In beiden unteren Abteilungen der Sammlung unterbrechen kleine Aquarelle, Pastelle und Handzeichnungen, überwiegend von namhaften Künstlern, die Gemäldegruppen, darunter Stücke z. B. von Delacroix, Peter Cornelius, Ludwig Richter, A. von Werner, Albert Hertel, Lenbach.
Mit Aufmerksamkeit werden Sie, durch das persönliche Interesse angeregt, die Familienbildnisse betrachten, zu denen hier auch das von C. Willich gemalte Porträt des berühmten einstigen Freundes des Hauses, Richard Wagners, und das des Politikers Rud. von Bennigsen gerechnet werden. Die Grossmutter der gegenwärtigen Besitzerin der Galerie, Frau Mathilde Wesendonck geb. Luckemeyer, und der Vater ihres Gemahls beginnen den Reigen dieser Bildnisse. Von den Kindern des Wesendonckschen Ehepaares lebt heute nur noch der ältere Sohn Karl Wesendonck, während der jüngere, Hans, im jugendlichen Alter von 20 Jahren als Bonner Student und die Tochter Myrrha, spätere Freifrau von Bissing, starben.
Was die Sammlung in kunstgeschichtlicher Beziehung betrifft, so ist ihr Wert bei mehreren öffentlichen Ausstellungen und auch in der wissenschaftlichen Fach-Presse zu öfteren Malen schon dargelegt worden, und es verbietet sich heute, wo Sie nicht zu anstrengender Belebnmg ? sondern zu leichtem Schaugenuss hier erschienen sind, ein Eingehen auf Einzelheiten des Galeriebestandes, zumal ja zwei gedruckte Kataloge mit räsonnierendem Texte in verschiedenen Räumen zur Benutzung ausliegen und ich selbst, nach Maassgabe meiner allerdings nur oberflächlichen Kenntnis der Stücke, zu Erläuterungen erbötig bin.
Ein Beweis von der künstlerischen Tendenz, die den Urheber dieser Galerie bei seinen Käufen leitete, war auch die Beschaffung guter alter Kopien unsterblicher Meisterschöpfungen. Wenn je die Wesendoncksclie Sammlung öffentlicher Besitz werden sollte, wird man mit den hier vorhandenen Kopien nach Raffael, Tizian, Correggio, Murillo, Rembrandt und anderen Meistern die Frage eines heimischen Volksmuseums praktisch leichter, als es zur Zeit geschehen kann, zu lösen vermögen. Wir sehen hier an Kopien nach Raffael: Die Hl. Cäcilie (Bologna), die Mad. Connestabile (St. Petersburg), die sog. „Perle“, eine III. Familie (Madrid), die Granduca (Pal. Pitti, Florenz), die Madonna di Foligno, die Krönung der Maria und die Transfiguration (alle drei im Vatikan in Rom). Von