Heft 
(1899) 8
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3. (2. ordentliche) Versammlung des VIH. Vereinsjahres.

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nützigen Pflegers, des Herrn Heilgehülfen Klemm in Mittenwalde, verdankt.

Das besonders merkwürdige und für die Provinz Brandenburg höchst seltene Stück gehört den zwischeneiszeitlichen Kiesschichten an, unter denen sicli Thonlager befinden, welche für die vormals Fürstlich llohenlohesehe Ziegelei zu Gräbendorf, östlich der Haltestelle Gross- Besten, Kreis Teltow, abgebaut worden sind. Es sind dort ebenfalls ausgegraben und dem genannten städtischen Institut mitgeteilt ein Schädel des Nashorns mit der knöchernen Nasenscheidewand (Rhinoceros tichorhinus), ein Backzahn eines Mammuth (Elephas primigenius) und der Ilornzapfen eines Bos, also Funde wie sie aus dem parallelen Inter- glaciär des benachbarten, am rechten Dalime-Ufer belegenen Ziegler- Dorfs Nieder-Bölnne bekannt und seit Jahren im Märkischen Museum vorhanden sind. Die Bestimmung dieses Schädel-Bruchstücks als vom Löwen herrührend ist das Verdienst eines unserer vorzüglichsten Osteo- logen, des Professors Dr. Alfred Nehring, welcher sich in der Sitzung der hiesigenGesellschaft naturforschender Freunde vom 18. April 1892 S. 71 flg. auch darüber geäussert hat, weshalb dieser Schädel nicht dem diluvialen Tiger, sondern dem Löwen zuzurechuen sei. Herr Nehring bemerkt darüber wörtlich folgendes:

Die Resultate meiner Vergleichungen sind in kurzem folgende: Der Schädel des erwachsenen Löwen ist in der Stirnpartie niedriger, flacher und breiter als der des erwachsenen Tigers, bei welchem die Stirn deutlich gewölbt ist; dazu kommt, dass beim alten Löwen die Mitte der Stirnbeine deutlich vertieft erscheint. Die Nasenbeine des Löwen sind kürzer und nach vorn breiter als bei Tigern gleichen Alters und Geschlechts. Die Frontalfortsätze der Oberkieferknochen reichen beim Löwen nor­maler Weise über das hintere Ende der Nasenbeine hinaus und zeigen eine flache, allmählich ansteigende Oberfläche; beim Tiger pflegen die Frontal­fortsätze der Oberkieferknochen nicht bis zum Hinterende der Nasenbeine zu reichen, ihre Oberfläche ist eoncav und steigt steiler nach der Stirn hinauf, auch zeigen sie eine abweichende Form der Grenznaht. Die Foramina palatina des Löwen sind grösser und liegen weiter zurück, als beim Tiger; ausserdem setzen sie sich bei jenem nach vorn in 2 breiten, deutlich mar­kierten Furchen fort, wovon beim Tiger kaum eine Andeutung zu sehen ist. Das Gaumenkeilbeinloch (Foramen spheno - palatinum) des Löwen ist grösser und steht zu den benachbarten Nähten in etwas anderer Beziehung, als beim Tiger. Das Foramen stylomastoideum liegt beim Löwen regel­mässig so, dass man in seine Öffnung bei der Basalansicht des Schädels direkt hineinsehen kann; beim Tiger liegt die Öffnung jenes Foramen gewöhnlich mehr seitlich an der Bulla. Der Meatus auditorius externus scheint beim Löwen meistens etwas grösser resp. offener zu sein, als beim Tiger.

Nach allen diesen Kennzeichen sind die in der palaeontologischen Sammlung des hiesigen Museums für Naturkunde vorhandenen 4 Gailen- reuther Schädel, von denen der eine als völlig intakt bezeichnet werden