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3. (2. ordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.
kann*), als unzweifelhafte Löwenschädel anzusprechen. Ebenso muss ich die vorliegende Gehirnkapsel einer grossen Felis aus dein märkischen Diluvium nach der Stirnbildung und nach der Bildung des Meatus auditorius externus, sowie auch einiger Foramina des Sphenoids als zu Leo, nicht zu Tigris gehörig betrachten.
Auf die einschlägige Litteratur über Felis spelaea Goldf. einzugehen, ist hier nicht der Ort; ich will nur hervorheben, dass auch J. Fr. Brandt einst die im hiesigen Museum für Naturkunde vorhandenen Gailenreuther Schädel mit Entschiedenheit für Löwenschädel (nicht Tigerschitdel) erklärt hat, ohne dieses im Einzelnen näher zu begründen. Da von Zeit zu Zeit immer wieder die Ansicht auftaucht, dass „Felis spelaea“ ein Tiger, kein Löwe gewesen sei, so scheint es mir angezeigt, dieses für die oben besprochenen, von mir untersuchten Objekte zurückzuweisen. Andere, weniger vollständig erhaltene Objekte lassen kein sicheres Urteil zu; doch ist es sehr wahrscheinlich, dass auch die sonstigen in Deutschland gefundenen Reste, z. B. die von mir bei Thiede unweit Braunschweig und bei 'Westeregeln unweit Magdeburg, sowie aus Westpreussen nachgewiesenen Koste**), oder der durch Schröder beschriebene Metacarpus von Oderberg-Bralitz***), dem fossilen Löwen angehören. Dagegen mögen manche in Ost-Europa gefundenen Felis-Reste einem Tiger zuzuschreiben sein.“
Es mögen in manchem Museum die Reste des Löwen und Tiger aus dem Diluvium verwechselt sein und giebt hoffentlich Nehrings Auslassung Anlass zu sorgfältigen Revisionen der bisherigen Bestimmungen.
Das nächstliegende Vergleichungsmaterial iu den Nachbar-Provinzen bietet uns Westpreussen. In dem XV. Bericht über die Verwaltung der Sammlungen des Westpreussischen Provinzial-Museums für das Jahr 1894 finde ich S. 13 folgende Angabe: „Einen sehr bemerkenswerten Fund aus einer Kiesgrube in Klein-Baldram bei Marienwerder verdankt das Museum dem Regierungshauptkassen - Oberbuchhalter Herrn Peter iu Marienwerder. Nach gefälliger Bestimmung des Herrn Professor Pr. Neliring in Berlin stellt dieses Stück einen Zahn (Sectorius des linken Unterkiefers) des sogenannten Ilöhlenlöwen, Felis spelaea Goldf., vor, welcher der jetzt in Afrika und Westasien verbreiteten Löwenart sehr nahe steht und noch in historischer Zeit das südliche Europa bewohnt hat. Wenngleich der Zahn etwas lädiert und abgerieben ist, nimmt sein Vorkommen liier im Norden doch ein besonderes Interesse in Anspruch.“
Und im XVI. Bericht, 1895, S. 16: „Herr Töchterschullehrer
Floegel, Korrespondent des Provinzial-Museums in Marienburg, die vordere
*) Dieser Schädel dürfte wohl einer der besterhaltenen Schädel des Leo spelaeus sein, welche überhaupt existieren; er ist für die oben erörterte Frage besonders wichtig, da an ihm alle Charaktere klar und sicher zu erkennen sind.
**) Siehe „Tundren und Steppen“, S. 169, 193, 233. Verh. d. Berl. Ges f. Anthrop., 1893, S. 407 fl, mit 2 Abbild. Bericht des Westpreuss. Prov.-Museums, 1895, S. 16.
***) Siehe Jahrb. der Kgl. Geol. Landesanstalt, 1897, S. 20 f.