Heft 
(1899) 8
Seite
133
Einzelbild herunterladen

3. (2. ordentliche) Versammlnng des VIII. Vereinsjahres.

133

Partie des zweiten Backzahns aus dem rechten Unterkiefer des Hölilen- Löwen, Felis spelaea Goldf. (nach Bestimmung des Herrn Professor Dr. A. Nehring in Berlin), aus der Kiesgrube Gross-Waplitz, Kr. Stuhm ein sehr seltenes und beachtenswertes Objekt.

In der eigentlichen norddeutschen Tiefebene von der Elbe bis zur Weichsel ist der Ilühlenlöwe rar. Dagegen erscheint er im westlichen Deutschland, Hannover und Westfalen sowie in den Vorgebirgen Mittel­deutschlands nicht selten. Nehring (Verhandlungen der Berliner Gesell­schaft für Anthropologie pp. 1893, S. 407) führt Löwenreste an von Braunschweig (bei Thiede und Rübeland), von Hannover (bei Schwarz­feld a. Harz und *IIameln a. d. Weser) sowie von der Provinz Sachsen (bei Quedlinburg und Westeregeln). Nehring schliesst seine bemerkens­werte Mitteilung mit den Worten:Was die Frage nach der Gleich­zeitigkeit des Menschen mit Felis spelaea anbetrifft, so kann ich nicht umhin, dieselbe auf Grund meiner Ausgrabungen im Thieder Gips­bruche zu bejahen. Ich verweise in dieser Beziehung auf meine Angaben über pnläolithische Feuerstein-Werkzeuge aus den Diluvial- Ablagerungen von Thiede, welche in den Verhandlungen unserer Gesell­schaft vom 13. April 1889, S. 3573b3 allgedruckt sind. Die betreffenden Feuerstein-Werkzeuge sind (abgesehen von einem Stück) teils in gleichem Niveau mit Felis spelaea, teils noch tiefer gefunden worden; für die Annahme einer etwaigen späteren Vermischung der ersteren mit den letzteren konnte ich bei meinen Ausgrabungen keine triftigen Gründe auffinden. Genaueres hierüber habe ich in einer demnächst erscheinenden AbhandlungÜber die Gleichzeitigkeit des Menschen mit Ilyaena spelaea dargelegt.

Zu dieser Nehringschen Auslassung bemerke ich, dass den Mit­gliedern unsererBrandenburgia sowie in weiteren wissenschaftlichen Kreisen bezüglich des Vorkommens des diluvialen Menschen in unserer Provinz mein bejahender Standpunkt seit Jahren bekannt ist. Ich nehme das Vorhandensein des Menschen in der Zwischeneiszeit bei uns an und besitze von ihm hergestellte bezw. bearbeitete Gegenstände u. a. aus interglaciären Kieslagern nahe der Oder im Kreise Angermünde. In der Sitzung der Berliner Antlirop. Ges. vom 15. Januar 1870 machte ich bereits vorläufige Mitteilungen überPalaeolitliische Flintwerk­zeuge aus dem Haveldiluvium zwischen Potsdam und Branden- burg (Mitt. 1870, S. 158162), freilich nicht ohne Widerspruch zu erfahren. Da damals selbst in den berufensten Kreisen die Ansichten über die Entstehung unsers Diluviums noch sehr schwankten, zum Teil noch die Ablagerung desselben durch das Meer und ganz allgemein die Drift - Theorie im Gegensatz zur Vergletscherungs - Theorie verfochten wurde, so habe ich mit guter Absicht, fleissig für mich weiter fort­beobachtend, viele Jahre über meine Anschauungen betreffend das Vor-