5. (3. ausserordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.
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fertigen Tunnels durch eine eingemauerte Querwand, worin sich wiederum zwei Luftschleusen zur Gestattung des Verkehrs mit der Aussenwelt befanden, abgeschlossen war, wurde mit komprimierter Luft gefüllt, die den Zweck hatte, das Eindringen des Wassers durch Undichtigkeiten in der Tunnelwand zu verhindern, zugleich aber auch das Lockern und Entfernen des Bodens durch vier in der vorderen, schrägen Abschlnss- wand angeordnete Schiebeklappen zu erleichtern, ohne die Arbeiter in dem vorderen Raum zu gefährden. So gelang es, den eigentlichen vorn schräg zulaufenden Vortrieb-Apparat einschliesslich des zu ihm gehörigen, mit ihm, wie oben gezeigt, fest zusammenhängenden hinteren Mantels mittels Ui um den ganzen Umfang in gleichen Abständen ungeordneter Wasserdruckpressen mit einem Druck von 350—100 Atm. in der gewollten Richtung langsam aber stetig vorwärts zu schieben. Stets nach 50 cm Vorwärtsbewegung wurde hinten ein neuer Ring angefügt, mit dem vorhergehenden verbolzt und zugleich der Zwischenraum zwischen dem letzteren und dem umscldiessenden Gehäuse der hinteren Kammer mit Ceinentmörtel ausgefüllt, nach dessen Erhärtung dem weiteren Vorwärtsschieben des Apparates nichts im Wege stand. Es ist klar, dass diese sich immer wiederholende, zum grössten Teil durch Hand zu leistende Arbeit sehr zeitraubend und langwierig war. Hieraus erklärt sich die mehrjährige Bauzeit aber nur zu einem Teil. Den grössten Aufenthalt brachten behördliche Schwierigkeiten und vielfache Versuche, bis man auf die einfachsten und fördersamsten Methoden gekommen war. Es geschah eben zum ersten Mal, dass man einen Tunnel in seiner ganzen Länge nur in flüssigem Triebsand, sogenanntem schwimmenden Gebirge, herstellte, eine Arbeit, die bisher noch nirgends versucht, geschweige denn an irgend einer Stelle in der Welt ausgeführt worden, bei der somit auf keinerlei Erfahrungen anderer zu fussen war, wobei vielmehr jede neue Schwierigkeit ein „Ilic Rhodus hic salta“ bot, das nur durch das Nachdenken der leitenden Ingenieure und vorsichtige Versuche überwunden werden konnte. Auch ist dieses Werk der erste Unterwassertunnel der Welt, der so scharfe Krümmungen aufweist. Es bedarf der Begründung nicht, wie bedeutend auch durch diesen Umstand die Schwierigkeiten der Herstellung vermehrt wurden.
Das Arbeiterpersonal betrug in maximo 100 Köpfe, die, in drei Arbeitsschichten zu 8 Stunden eingeteilt, ohne jede Unterbrechung des Betriebes, Tag und Nacht, sowie, an Sonn- und Feiertagen, sich immer abwechselnd, die Arbeit ausführten. Man durfte rücksichtlich des nur von ganz gesunden Leuten ertragenen Arbeitens in Luft unter stärkerem als Atinosphären-Druck (der grösste Druck betrug im eigentlichen Vortrieb-Apparat, sowie in der hinteren Kammer ca. 1,5 Atm.) nur Arbeiter mittlern Alters auf Grund eines ärztlichen Attestes annehmen, das sie als frei von Lungen- und Herzleiden beglaubigte.