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Dr. Gustav Albrecht, A.m Stienitzsee.
blumen überall aus dem grünen Wiesenteppich hervor, und ein kleiner Buchenhügel war ganz mit den blauen Glöckchen der bei Berlin seltenen Leberblume besäet. Eine kurze Wanderung auf der Chaussee führte zum Ufer des Stienitzsees, hinter dem die zahlreichen Ziegeleischornsteine von Hennickendorf sichtbar wurden. An der Nordostecke des Sees breitet sich ein sumpfiges Wiesenterrain, das auch teilweise als Torfstich benutzt wird, aus, und auf dieser Wiese erhebt sich dicht am Seeufer neben der Mündung des erwähnten Mühlenfliesses ein kleiner Hügel, der wegen seiner kreisrunden Zeichnung auf der Generalstabskarte den Teilnehmern der Exkursion auffiel und deshalb eingehend untersucht wurde. Auf der etwa 100 Schritt im Umkreise messenden, mit Birken bestandenen Erhöhung fanden sich in- dess keine Spuren ehemaliger Wohnstätten oder dergl., und die dem ganzen Charakter der Umgebung nach mögliche Annahme, es könne sich um einen Burgwall handeln, wurde dadurch hinfällig. Auf der Erhebung, wie auch auf den sumpfigen Strecken fanden sich zahllose Schalen von Wassermuscheln, die zeigten, dass das Wasser einst diese Wiesen bedeckt hatte, und da sich unter den Schalen auch solche von der erst im Anfänge dieses Jahrhunderts eingetvanderten Schafklauenmuchel (Dreissensia polymorplui) *) befanden, so neigte Geheimrat Friedei zu der Ansicht, dass der See sich noch bis gegen die Mitte dieses Jahrhunderts weiter nach Nordosten hin erstreckt hätte. — Der Stienitzsee zieht sich von dem Wiesenterrain etwa eine halbe Meile lang nach Südwesten bis in das Gebiet der Küdersdorfer Kalkberge hin. Er ist als Rest eines grossen Seenbeckens oder eines alten Flussbettes zu betrachten, das sich vom Strausssee aus nach Süden über Tasdorf und den Kalk- und Flakensee bis zur Spree verfolgen lässt. Die Ufer des Stienitzsees sind beträchtlich hoch; die Anhöhen im Nordwesten bewaldet, die südwestlichen, wo sich umfangreiche Thonlager befinden, zum Teil abgetragen und mit Ziegeleien besetzt. Kurz vor dem Dorfe Hennickendorf, das am östlichen Zipfel des Sees liegt, zeigt eine hohe Sandwand, bis zu welcher Höhe hier die Uferwände einst aufstiegen. Das Dorf selbst ist ein einfaches Bauerndorf, das sich mit seinem ältesten Teile um die Kirche gruppiert, während sich einzelne Häuser hinter den Ziegeleien an der Strasse nach Tasdorf zu erheben. Die niedrige Kirche ist, wie der schlanke Turm, in ihrem vorderen Teile aus gelben Ziegelsteinen erbaut, zwischen denen sich einzelne Feldsteine eingesetzt finden, der hintere Teil dagegen ist ganz aus unbehauenen Feldsteinen erbaut. Dieser Teil stellt sich als die älteste Anlage dar — auf der Chorseite zeigen die fast meterdicken Mauern zwei schmale Schiessschartenfenster — und rührt aus der Zeit her, wo Hennickendorf als Besitz zum Kloster Zinna gehörte, ist also als Bau der Cisterzienser- mönche zu betrachten. Die älteste Nachricht über den Ort im Landbuche von 1375 nennt die Mönche von Zinna als Besitzer aller Abgaben, doch dürften sie wohl schon erheblich früher mit diesem Besitztume und den anderen umliegenden Dörfern ausgestattet worden sein. Das Kloster blieb bis zur Kirchenreformation im Besitze des Dorfes, dann ging dieses an den
*) Ygl. „Brandenburg^“ Bd. III, S. 142, IV, S. 376-388, VII, 377 über die Schafklauemnuschel.