Heft 
(1899) 8
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Dr. Gustav Albrecht, Am Stienitzsee.

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Kurfürsten über; in neuerer Zeit ist Henniekendorf zu dem Amte Alt- Landsberg gelegt worden. Während die historischen Nachrichten nur bis ins 14. Jahrhundert hinaufreichen, hat sich im Dorfe selbst ein Überrest aus vorgeschichtlicher Zeit im Sande am Ufer des Sees erhalten. Es ist eine alte Ansiedlungstätte aus dem 8.-6. Jahrhundert vor Christi Geburt auf dem Gelände der Wegnerschen Ziegelei, wo ausser einem grossen gehenkelten Bronzegefässe mehrere kleine Thongefässe und zahlreiche Scherben, sowie Spuren von Pflasterungen mit Steinen und viel Kohlenstückchen gefunden worden. Die Stelle wurde bereits 1886 von Geheimrat Friedei untersucht, die Fundstücke befinden sich in der Sammlung des Märkisehen Museums. Die An­siedlungstätte liegt auf einem Vorsprunge im See, auf einer Art Anhöhe, die jetzt allerdings ziemlich beseitigt ist, und konnte durch das umgebende Wasser und durch Verhaue vollständig isoliert werden. Jetzt ist der Charakter der damaligen Anlage nicht mehr zu erkennen, da Kingöfen, Trockenschuppen und dergleichen die Sandfläche bedecken und eine Drahtseilbahn quer hin­durchgeht, die das Material aus der grossen Thongrube herbeischafft. Die Einrichtungen der Ziegelei, sowie die Thongruben wurden von den Teil­nehmern der Exkursion besichtigt, dann ging es weiter am Südostufer des Stienitzsees entlang nach Tasdorf zu. Hinter der Wegnerschen Ziegelei eröffnet sich ein hübscher Blick auf das bewaldete Ufer des Stienitzsees und auf die tiefeingeschnittene Thalmulde nach Nordosten hinauf, dann wird die Aussicht wieder durch ein kleines Gehölz unterbrochen, und hinter diesem am Ufer liegen die grossen Ziegeleiwerke von Oppenheim. Ein schöner Park auf der anderen Seite der Strasse umzieht das Wohngebäude des Besitzers und weiterhin reihen sich kleine steinerne Arbeiterhäuschen zu beiden Seiten des Weges an Park und Ziegelei an. Dann wird das Ufer wieder frei und gestattet den Ausblick über die ganze Länge des Sees, der im Schein der untergehenden Sonne glitzert und flimmert.*) Links schliessen die bewaldeten Höhen am See das Landschaftsbild ab, rechts recken sich die vielen Schlote der Ziegeleien in die Abendluft hinein, und weit hinten neben dem Dorfe Hennickendorf mit seinem gelben Kirchlein breitet sich in verschwommenen Umrissen die breite Thalmulde aus, in der in der Vorzeit der glänzende Strom dahinflutete. Ein stimmungsvolles, echt märkisches Bild. Nach der Südseite hinüber werden die Höhen von Rüdersdorf sichtbar, namentlich fällt diegrosse Halde in die Augen, und vor uns liegt Tasdorf mit seinem schlossartigen Gutshause auf der Höhe inmitten des Ortes.

(Der Frankfurter Oderzeitung vom 29. April 1899 in abgekürzter Form mit Genehmigung des Verfassers entnommen.)

*) Herr Oppenheim unterhält auf dem Stienitzsee gegen 30 Schwäne, welche im Winter in einer Scheuer untergebracht werden. Die ziemlich scheuen Tiere kommen gut fort und vermehren sich. Im Winter gefüttert, suchen sie sich ihre Nahrung im Sommer selbst. Da im Gebiet der Spree und der Dahme (wendischen Spree) Schwäne nicht gehegt werden, so verdient der Versuch auf dem Stienitzsee die vollste Anerkennung.