Altmodische Blumen.
Von Carl Bolle.
Kaiserkron’ und Päonien rot Pie müssen verzaubert sein;
Penn Vater und Mutter sind lange tot. Was blühn sie hier so allein?
Eichendorf.
Der Januskopf — welch ein wahrhaftiges Symbol auch menschlicher Persönlichkeit. Tragen wir ihn nicht alle auf den Schultern und blicken wir nicht mit dem Doppelgesicht des alten Lateinergottes, der im Olymp keine Stätte hatte, bald vorwärts, bald rückwärts in die Welt um uns her? Manchmal, und mit den vorrückenden Jahren mehr und mehr, weit lieber in die Vergangenheit als in eine oft rauhe Gegenwart oder in die Ungewissheiten einer nicht selten bedrohlichen Zukunft. Meist ist’s der Traum dann, der uns zurückgeleitet, aber es giebt auch schlummerlose Träume. Ein Klang, ein Duft, eine Wolkenbildung am Himmel können sie wach rufen. So erneuern sich Bilder, so kehren Stimmungen wieder, die eine Lethargie langer Jahre vor uns verborgen gehalten hatte. Nicht zum mindesten ist es die Blumenwelt, der die Fähigkeit innewohnt, den Zauber einer dergestalten Hypnose über uns kommen zu lassen.
Darauf hin wirkt ihr altmodische Blumen am eindringlichsten, die ihr euch einmal vornehm dünken durftet, weil euer Platz vor Schlössern, Abteien und Patricierhänsern war. Jetzt seid ihr in Pfarr- und Bauerngärten am meisten zu Haus oder hinter den Zäunen irgend eines blütenreichen Oblongs der Kleinstadt, durch welche heranwachsende Jugend sich Himbeeren und Kussfinger zuwirft. Man begegnet euch auf begrasten Kirchhöfen, bisweilen auch, verwildert hervorsprossend, an Burgruinen oder moosgrünen Klostermauern; ja es kann sich ereignen, dass man euch, selten genug, im Gewühl der Grossstadt hinter verschwiegenen Planken einmal unerwartet wiederfindet. Gewohnte Stätten werden schwer von euch aufgegeben. Wo man euch aber umsonst suchen würde, das sind die gepflegten und geleckten Gärten der Neuzeit wo längs kiesbestreuten Wegen die Teppichbeete voller Scharlachgeranien im grellem Feuer prangen. Dahin kehrt ihr höchstens einmal an der
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