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Carl Bolle, Altmodische Blumen.
Hand des Zufalls wieder, der aus übersättigter Laune von den Fuchsien und Begonien modernsten Stiles zu Grossmutters Muskathyacintlien zurückzugreifen beliebt.
Sagte mir doch einmal ein neubetitelter „Gartendirektor“, nachdem er nicht ohne Beifall vor einem prachtvoll blühenden Lathyrus latifolius gestanden hatte, von dem ich ihm Vermehrung anbot: Ach nein, so etwas dürfen wir doch in unseren Gärten nicht pflanzen.
Wir aber schanen gern prüfend auf jene stillen Winkel, in denen man — wer weiss wie lange noch? — die Lieblingsblumen unserer Voreltern hütet und ihnen die geringe Sorgfalt zuteil werden lässt, welche sie beanspruchen. Das wollen wir heut tliun; schüchtern zwar, denn unsere schneidige Zeit wird kaum ein Ohr dafür haben. Dennoch wollen wir es versuchen, nicht mit der Schärfe streng analysierender Wissenschaftlichkeit, nein, mit einem lebendigen Gefühl der Pietät, denn, wohl gemerkt, es handelt sich diesmal um ganz intime Dinge, nur mit leisem Finger zu berühren, wenn Hauch und Duft davon sich nicht verflüchtigen sollen.
Wer allein die Augenscheinlichkeit des greifbar Objektiven fordert, der wird schwerlich unseren Betrachtungen folgen wollen, die sich, oft ungewiss, in das Dunkel fernster Vergangenheit verlieren. Dennoch darf auch ihm versichert werden, dass aus den Nebeln der Vorzeit manche Lichter auf Forschungsobjekte fallen können, die der historisch gewordenen Flora der Gärten angehören. Solche geben zuweilen recht deutlich Antwort, wenn man sie nur zu fragen versteht.
Sobald wir uns nach ihnen umsehen und nicht bei der Empfindung allein verweilen wollen, meldet sich sogleich der Gedanke: woher stammen diese freundlichen Gebilde? Wie sind sie hergelangt oder beherbergte sie etwa von jeher der vaterländische Boden? Ohne zu einer Schematisierung schreiten zu wollen, darf angenommen werden, dass die altmodischeu Blumen sich in drei Klassen theilen: solche die voralters von jenseit der Alpen gekommen sind; andere die mehr oder weniger durch Menschenhand verändert der deutschen Flora entnommen wurden und endlich diejenigen, welche erst eine verhältnismässig neuere Zeit, vom 16. Jahrhundert an, bei uns eingebürgert hat.
Übrigens fasse man den Begriff dieser Kulturgewächse, ohne den Blick ausschliesslich auf rustikalen Gärten ruhen zu lassen, obwohl solche in der Gegenwart als Hauptstandorte derselben gelten dürfen. Über den Inhalt letzterer ist in ausgiebiger Weise, es genügen die Namen Kerner, Fisclier-Benzon und Eschenburg, geschrieben worden, wobei freilich den Pflanzennamen speciell Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Es scheinen jedoch auch noch andere Seiten der Beachtung wert.
Keineswegs ist die Kategorie der altmodischen Blumen eine scharf umgrenzte. Einführungen verschiedenster Epoche lassen sich in derselben