Heft 
(1899) 8
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Gustav Albrecht.

welches dem Prinzen Aribert von Anhalt gehört, und ein schlossartiges Herrenhaus, welches der frühere Besitzer, der Pferdehändler Saloschin, er­baut hat. Ein kirchturniähnlicher Bau erhebt sich dicht bei dem Schlosse, aber er hat mit gottesdienstlichen Verrichtungen nichts zu thun, es ist der Wasserturm der zum Gute gehörigen Brennerei.

Bei Alt-Golm zweigt sich am Fusse der Lauseberge ein Landweg ab, der in gerader Richtung auf den Scharmützelsee zuführt.

Dürftiges Kieferngehölz breitet sich zu beiden Seiten aus, hin und wieder wechseln frisehgrüne Kussein mit dem dünnen, moosbewachsenen Stangen­holze ab und an lichten Stellen überzieht das liebliche Heidekraut den dürren Sandboden mit einem farbenprächtigen Teppich.

So geht es eine Weile fort, die Scenerie bleibt dieselbe. Dann beginnt das Terrain zu steigen, die Kiefer rücken dichter zusammen und recken sich höher in die blaue Luft, und stille märkische Heide umfängt nun die Wanderer, bis das Unterholz sich wieder etwas lichtet und ein Vorwerk sichtbar wird. Es war gut, dass es geregnet hatte und nicht heiss war, an sonnigen Tagen dürfte dieser Sandweg von Alt-Golm bis zum Vorwerk Annenhof nicht gerade zu den Annehmlichkeiten einer Fusswanderung gehören. Bei Annenhof, dessen geschwärzte Trümmer von einem vernichtenden Brande erzählten, spürte man bereits etwas von der erfrischenden Brise, die vom See herüberwehte, bald kam auch der Schornstein der Ziegelei von Saarow in Sicht und die am Westufer des Scharmützelsees liegenden Höhen von Silberberg. Einige Häuser tauchen vor uns auf, ein bescheidenes Kirchlein, wir sind im Pieskow, hart am Ufer des Sees.

Pieskow, das rings von Wald umgeben ist, hat eine schöne Lage, ist aber nur ein unscheinbares Dörfchen, und die alte Fachwerkkirche sieht aus, als ob sie jeden Augenblick einstürzen wollte. Natürlich ist es noch nicht so weit, wir können ruhig eintreten und die wenigen Antiquitäten bewundern, die sie beherbergt. Die Kirche ist teils aus Fachwerk, teils aus Ziegeln er­richtet und ringsum mit einer Blendmauer aus Ziegeln bekleidet; der Grund­riss ist einfach rechteckig, die Chorseite durch drei Seiten aus dem Achteck geschlossen. Die Kirche ist auf den Grundmauern der früheren Feldstein­kirche .erbaut und stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert; auf der westlichen Dachecke erhebt sich ein niedriger Fachwerkturm mit einem ge­knickten Wetterhahn auf der Spitze. Dieser Glockenturm enthält zwei Glocken, eine neue kleinere aus dem Jahre 1851 und eine grössere, welche die Inschrift hat:

JOCHIM V. LOSCHEBRANT LVDEWICH BOCKHOLTZ ME FECIT 1623.

Diese Glocke ist das einzige Erinnerungsstück, welches sich an die ehemaligen reichbegüterten Besitzer von Pieskow, die Herren von Löschebrand, im Dorfe findet. Das Innere der Kirche, welches sehr nüchtern und einfach ist, enthält ausser einem geschnitzten Altar und einem alten Taufstein nichts von Bedeutung. Kanzel, Gestühl und Emporen sind einfach grau gestrichen und ohne bildliche Verzierung. Der Altar zeigt drei von gedrehten Säulen ein­gefasste, offene Nischen, deren mittelste den gekreuzigten Heiland und die knieenden Gestalten des Johannes und der Maria enthält, während in den