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Dr. Gustav Albrecht.
loses Elend über die Mark und es ist erklärlich, dass diese trostlose Zeit sich so fest ins Gedächtnis einprägen musste.
Bisher hatten die Schweden nicht eigentlich als Feinde des Kurfürsten von Brandenburg in der Mark gehaust, sondern dieselbe nur als Durchgangsgebiet in ihren Kämpfen mit dem Kaiser benutzt. Schlimmer wurde aber das Verhältnis, als der letzte Herzog von Pommern starb und sein Land nach den früheren Verträgen an Brandenburg fallen sollte. Natürlich verweigerten die Schweden, welche ganz Pommern besetzt hielten, die Herausgabe des Landes, und der Kurfürst schloss nun ein Bündnis mit dem Kaiser, um die Schweden aus seinen Ländern zu vertreiben und Pommern in seine Hand zu bringen. Den vereinigten brandenburgischen und kaiserlichen Truppen gelang es auch anfangs^ die Schweden bis über die Warthe und die Oder nach Pommern hinein zurückzudräiigen, als aber Baner, der aus Thüringen zurückgeeilt war und auf einem kühnen Marsch durch die Lausitz die Neumark erreicht hatte, im Jahre 1(538 neue Verstärkungen aus Schweden erhielt, brach er atifs neue siegreich hervor, vertrieb die Kaiserlichen aus Pommern und jagte sie über die Elbe nach der Altmark und nach Lüneburg hinüber. An diesen Zug Baners, der durch rauchende Trümmerstätten bezeichnet wurde, erinnern die noch erhaltenen Ruinen der Klöster Marienpforte (bei Boitzenburg), Chorin, Zehdenick und Lindow, welche damals niedergebrannt wurden. Ausser diesen Orten wurde eine ungeheure Zahl von Dörfern und Städten geplündert und verheert, und in manchen hat sich die Erinnerung an das Jahr 1(538 noch bis heute erhalten, so in Neuendorf bei Oderberg, in Boitzenburg, in Eberswalde und in Straussberg, welch letzteres damals so gelitten, dass im Jahre 1(542 nur 27 Bürger dort wohnten und dass es 1670 noch der „elendste OH der Mark“ genannt wird. Auch die Stadt Oderberg wurde 1638 niedergebrannt, nur die Festung auf dem Werder, der sogenannte „Bärenkasten“, dessen Ruinen noch jetzt vorhanden sind, widerstand den wiederholten Angriffen der Schweden. In Perleberg hatte die Verwüstung der schwedischen Horden einen solchen Eindruck hinterlassen, dass noch lange nachher der Donnerstag nach Martini als Schreckenstag gefeiert wurde.
Die Schweden hausen jetzt in der Mark noch ärger als vorher, und alle Leiden, die man bisher erduldet, waren nichts gegen das Elend, welches jetzt über die Märker hereinbrach. Mord, Verstümmelung, Notzucht, Brand und Verwüstung begegneten überall den entsetzten Blicken, und durch die unnatürlichsten Grausamkeiten und Martern erpressten die schwedischen Soldaten von den Bewohnern das Letzte, was diese besassen. Übereinstimmend schildern die alten Geschichtsschreiber, die Chroniken der Städte und die vereinzelt erhaltenen Kirchenbücher die Leiden, welche die ausgeplünderten Bewohner der Mark auszuhalten