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10. (6. ausserordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.
1686 der Kurfürst schon die zur Abschliessuug von Handels- und Freuud- schaftsverträgen mit China und Japan bestimmten Schififskapitiin ernannt hatte. Zu fernerer Erweiterung des Handels sandte Friedrich Wilhelm Gesandtschaften zum Schah von Persien und zum Gross-Mogul, und gründete, nachdem er vergeblich die westindischen Inseln St. Vincent und St. Croix zu kaufen gesucht, Niederlassungen auf St. Thomas. Sein Nachfolger Kurfürst Friedrich III. hielt es mit Hecht für seine Pflicht, die Kolonialpolitik des Grossen Kurfürsten fortzusetzen. 161)0 versuchte er auf der Landenge von Panama Fuss zu fassen. Ausserdem wurde das Krabben-Eiland, eine kleine Insel bei Porto Iiico in Besitz genommen und die Hälfte von Tabago erkauft, die man gegen St. Eustache zu vertauschen suchte. Den Schluss der braudenburgischen Erwerbungen über See machte i. J. 1696 die Erwerbung der caraibischen Insel Ter Tholen.
Mit dem Jahre 1731, wo das Handels-Comptoir auf St. Thomas einging, erreichte das brandenburgisch-preussische Kolonialwesen im 18. Jahrhundert infolge der Abneigung, welche der sparsame König Friedrich Wilhelm I. gegen überseeische Unternehmungen hegte, ein leider wenig rühmliches Ende*).
Obwohl es der Gesellschaft Brandenburgia gewiss ansteht, diesen aus Kur-Brandenburg hervorgegangenen, von „Kölln an der Spree“ aus geleiteten kolonisatorischen Bestrebungen auch gelegentlich, soweit sie mit der Landeskunde sich kreuzen, ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden, so können wir dies heut Abend nicht ausführlicher thun und müssen
*) Diese Angaben haben wir einer der ältesten Schriften über deutsche Kolonialpolitik „Die Gründung preussisch-deutscher Golonien im Indischen und Grossen Ocean mit besonderer Rücksicht auf das östliche Asien. Eine Studie im Gebiete der Handels- und Wirtschafts-Politik von Ernst Friedei“ (Berlin, Verlag von Albert Eichhoff, 1867, VIII 208 S. 8 TO ) entnommen. Mit Rücksicht auf die neueren und neusten Vorgängen in unserer deutschen Kolonialpolitik ist es vielleicht nicht ohne Interesse zu hören, welche Gebiete unser Vorsitzender, damals Gerichts-Assessor am Berliner Stadtgericht, zu erwerben vorschlug: 1. Süd-Formosa; 2. die Pescadores, Lambay, Gross- und Klein-Tabago, Samasima; 3. die Midjacosima-Gruppe mit dem Haddington-Hafen; 4. den Norden von Neu-Guinea; 5. die Nikobaren; 6. die Karolinen-Inseln; 7. Neu-Britannien; 8. Neu-Irland; 9. Teile von Borneo; 10. den Sulu-
Archipel; 11. das Djubaland und das Kilimandjaro-Gebiet. — Alle diese Inseln bezw. Landstriche waren 1867 noch für Preussen und Deutschland erwerbbar. Inzwischen sind zu 1 bis 3 den Japanern, zu 5 und 9 den Engländern, zu 10 den Nord-Amerikanern und den Engländern von No. 11 das Djubaland zugefallen. Erworben haben wir nur No. 4, 6 bis 8 und von No. 11 im Anschluss an die Kolonie Deutsch-Ostafrika das Kilimandjaro-Gebiet. Von den seitens E. Friedei bezüglich der Entwickelung des modernen Kolonialwesens aufgestellten Voraussagungen sind, wie der Weltreisende Dr. Joest ausführt, die meisten in frappanter Weise in Erfüllung gegangen.