Issue 
(1899) 8
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11. (5. ordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

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angrenzenden Gebieten, wie Stiehl mit Recht liervorhebt, eine der auf­fallendsten Erscheinungen, ln dem kaum der Kultur erschlossenen Lande tritt anscheinend unvermittelt ein neuer Baustoff und zwar sonderbarer Weise gleich in vollendeter künstlerischer Fassung auf, ohne formalen Zusammenhang mit der Baukunst des angrenzenden kolonisierenden Stammlandes, aber in solcher Verbreitung, dass seine Wichtigkeit über das rein baugeschichtliche Gebiet in das allgemein kulturgeschichtliche hinübergreift. Denn nur durch die Benutzung des künstlich gebrannten Steines konnte in unseren hausteinarmen Gegenden das Bedürfnis nach Herstellung schützender Wehrbauten, wie der Gebäude für die Verwaltung, ja der besseren Bürgerhäuser, befriedigt werden, ohne allzugrosse Mittel den sonstigen Bestrebungen zu entziehen. Das gilt auch von den Burg­bauten der Landesherren und Adeligen.

Es ist nun eine Entstehung des Backsteinbaues hierzulande aus verschiedenen Gründen völlig auszuschliessen, tritt er doch zuerst in den neuen Kolonisationsländern rechts der Elbe und in Dänemark auf, während in dem westlichen Teil der norddeutschen Tiefebene viel­fach der gleiche Mangel an Haustein auf seine Entstehung hätte hindrängen, der grössere Reichtum an Geld und Bildung seine Erfindung eher hätte ermöglichen können. Stiehl weist daher auch die Herleitung unseres Backstein baues aus den Niederlanden, trotz der hiesigen flämischen und holländischen Kolonisationen, ab und sieht die Herleitung aus Ober­italien als allein zutreffend an. Aber nicht so, dass etwa unmittelbar italienische Architekten die Technik und Formgebung einfach importiert. Dass diese Meister, sagt er S. 111, nicht etwa ins Land gerufene Italiener waren, sondern Deutsche bzw. Dänen, welche ihre Studien in Italien gemacht hatten, geht mit Sicherheit aus der starken nationalen Färbung hervor, die in Grundriss und Aufriss die Gesamtanlage völlig bestimmt. Das schliesst nicht aus, dass für die erste Einführung der Technik etwa ein Stamm handwerklich tüchtiger Arbeiter aus Italien zu Hülfe genommen sein könnte, und dafür spricht sogar die nahe Ueber- einstimmung des Backsteinformats an einem Teil der ältesten Bauten (Lübeck, Verden, Moosburg) mit italienischer Gewohnheit.

Herr Stiehl, welcher zur Zeit mit künstlerischen und baugeschicht­lichen Vorarbeiten für den Neubau des Märkischen Provinzial-Museums am Märkischen Platz beschäftigt ist, wird hoffentlich im nächsten Früh­jahr die Güte haben, uns durch einen mündlichen Vortrag in der Brandenburgia seine anregenden, bahnbrechenden Untersuchungen zu erläutern.

8. Das Riesen- oder Königsgrab von Seddin, Kreis West- prignitz. (Vgl. dazuBrandenburgia VIII., S. 271 u. 272.)

Um den wiederholten Wünschen wegen Mitteilung näherer Einzel­heiten über dieses merkwürdige Hünengrab wenigstens vorläufig zu