Issue 
(1899) 8
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tl. (6. ordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

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Kastanie:Südeuropa, schon in Süddeutschland. v. Fischer- Benzon: Altdeutsche Gartenflora, 1894, S. 159:Die Heimat der echten Kastanie haben wir auf der Balkanhalbinsel und in Asien zu suchen; 'Iheophrast giebt an (3, 3, 1), dass sie auf den Bergen Mace- doniens wachse. Im Laufe der Jahrhunderte hat sie sich weiter nach dem Westen hin so gut akklimatisiert, dass man schon im südlichen lirol glauben könnte, natürliche Kastanienwälder zu sehen; indessen müssen hier diejenigen Bäume, welche essbare Früchte liefern sollen, besonders gepflegt werden. Auch hier im Norden (in Kiel) sieht man stattliche Kastanienbäume, sogar an Chausseen werden sie gepflanzt; ihre Früchte reifen aber nur ausnahmsweise. Dr. Oswald Drude: Deutschlands Pflanzengeographie, 1896, schreibt S. 251: Unweit von Dresden befinden sich auf den Müglitz-Thalliöhen bei Maxen noch grössere Anpflanzungen mit jährlich reifender Ernte, ebenso nord­westlich davon zwischen Dresden und Meissen, ja auch im Parke von Muskau an der Görlitzer Neisse sollen in guten Jahren die Früchte reifen, immer aber nur an besonders günstig für den Baum gelegenen Stellen, der an anderen Plätzen das Gedeihen überhaupt versagt.

Ich erlaube mir auf diese Ausführung des vortrefflichen Botanikers zu erwidern, dass jeder Fruchtbaum, auch die seit vielen Jahrhunderten bei uns heimischen Äpfel, Birnen, Süsskirschen, Sauerkirschen, Zwetschen etc. selbstredend auf geeignetem und geschütztem Boden stehen müssen, das gilt ferner auch von den Wallnussbäumen, dass aber die Ernte all dieser längst als Bestandteile der deutschen Pomona aufgenommenen Bäume weit öfter versagt, als die Maronenernte von Castanea vesca in Nord­deutschland. Die Edelkastanienernte schlägt bei uns in der Mark niemals ganz fehl, die Zwetschen-, Äpfel-, Birnen-, Pfirsich-, Aprikosen-, Wall­nuss- und Kirschenernte sehr häufig. Es ist auch garnicht nötig, dass, wie man nach v. Fischer - Benzons Andeutungen glauben möchte, die Maronenbäume gepfropft werden. Sie tragen in unserm ziemlich kalten brandenburgischen Klima treffliche Früchte ohne alle Pfropfung des Stammes, und kann ich, nachdem, was ich dreissig Jahre beobachtet habe, die Anpflanzung der echten Kastanie zwecks Gewinnung der Früchte in unserer Provinz nur dringend empfehlen.

Hierzu macht demnächst Herr Dr. Bolle - Scharfenberg auf Grund langjähriger Kulturversuche mit Maronen auf seiner im Tegeler See bei Berlin belegenen Insel folgende Mitteilung unter Verteilung von ihm im Oktober 1899 daselbst gewonnener Maronenfrüchte an die An­wesenden.

Die hier vorgewiesenen Früchte aus Scharfenberg, echte Kastanien oder Maronen, werden Ihnen Allen bekannt sein, weniger vielleicht der sie tragende Baum, über welchen im allgemeinen in der Botanik fern­stehenden Kreisen öfters irrige Vorstellungen obwalten. Gleichheit des