Heft 
(1899) 8
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11. (6. ordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

Namens dürfte es besonders gewesen sein, die seine gelegentliche Ver­wechslung mit der so gänzlich verschiedenen Rosskastanie, Erzeugerin des Spielzeugs und Wurfballs der Kinder, verursachen konnte, welche selbst dem bescheidensten Ptlanzenkenner ein Lächeln abnötigt, um so mehr da wohl in Gestalt und Farbe der Frucht, nicht im mindesten aber in ihrem Geschmack, vom Gesamtbilde der Holzart ganz abgesehen, Veranlassung zu einer Täuschung vorliegt: Castanea gegen Aesculus. Weit abweisen will ich in Ihrer Aller Namen die Vorstellung, dass eine Baumart, in der Linnö die nächste Verwandte, ja sogar eine Gattungsgenossin der Buche sah, etwa für identisch mit dem bei uns allerdings bekannteren schönblühenden Strassen- und Alleebaum zu halten sei, den wir am häufigsten schlechtweg Kastanie nennen. Trotzdem gipfelt oft genug noch ein Irrtum in der wahrhaft ungeheuerlichen Annahme, die Maronen seien das Produkt jener feineren, rotblühenden Form von Aesculus, welche der Gärtner als rubicunda kennt und welche Sie, wenn nicht anderswo, so doch als Einfassung des Goldfischteichs im Tiergarten oft genug gesehen haben werden.

Andrerseits irrt man wieder, indem man in der echten Kastanie (Castanea vesca) eine absolut südliche und daher nicht winterharte Spezies erblicken will, am ehesten wohl deshalb, weil ihre Früchte aus wärmeren Klimaten, aus Italien und vom Oberrhein her, zu uns ge­langen. Wie selten wir den Baum auch hierorts gepflanzt antreffen, so widersteht derselbe doch nicht allein unseren härtesten Wintern, sondern reift auch so gut wie alljährlich reichliche Fruchternten. Der letzt­verflossene Sommer, dem meteorologisch nicht viel Gutes uachzusagen ist und welcher unserer heimischen Weinlese so ungünstig war, hat hier­für aufs neue den befriedigendsten Beweis abgegeben. Die Kastanien, welche Sie hier sehen, sind echt märkisches Produkt; zwar reiften sie auf der genannten Seeinsel diesmal nicht gerade in sonst gewohnter Fülle, doch aber in hinlänglicher Menge an daselbst zahlreich stehenden Stämmen, die, seit länger als 30 Jahren auf leichtem Boden fröhlich vegetierend, bereits ansehnliche Höhe erreicht haben. In wärmeren Sommern werden die Früchte übrigens grösser.

Die echte Kastanie, der Kästenbaum der Süddeutschen, findet sich vor den Thoren Berlins im Humboldthain als Wahrzeichen des Südens von unserem unvergesslichen Gartendirektor Meyer mit Vorliebe an­gepflanzt. Ältere Bäume davon, wenn auch in geringer Zahl, weist der Tiergarten auf. Von diesen ist, man sagt beschwichtigend durch ein jedenfalls beklagenswertes Versehen, einer der schönsten, ein mehr­stämmiger, nah beim Hofjäger stehend, auf Grund der so radikalen jüngsten Durchforstungen gefällt worden. Ich kenne Knaben, die all­jährlich von seinem Ertrag sammelten und assen. Sie werden ihm eine Thräne nachweinen, vielleicht auch mit mir die von Landschaftsgärtnern