Heft 
(1899) 8
Seite
359
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Ferd. Meyer, Geschichtliche Rückblicke auf den Stadtteil Alt-Kölln. 359

zwischen den beiden Städten vermittelte, weil der Mühlendamm nur von Fussgängern benutzt werden durfte. Dass nun das gemeinschaftliche Rathaus auf der Grenze zwischen beiden Städten gestanden hat nach Fidicins Annahme da, wo das Standbild des Grossen Kurfürsten sich erhebt, lässt sich nach mittelalterlichem Rechtsprinzip wohl an- nelunen; denn kein Bürger von Kölln, und vice versa, hätte in Berlin sein Recht nehmen können. Auch der alte Schöffenstuhl der Klinke zu 2 Brandenburg befand sich auf der Havel zwischen beiden Städten.

Mit der mehr und mehr zunehmenden Herrschaft trachteten die wisen creftigen Ratmanuen beider Städte in den unbeschränkten Besitz des Schulzengerichts und des dem Markgrafen zustehenden Blutbannes oder Blutgerichts zu gelangen. Nachdem sie ersteres am 31. Januar 1391 für fi Schock Groschen und viertehalbhundert Schock böhmischer Groschen von dem Stadtschulzen und markgräflichen Münzmeister Tlfile Brügge erworben, erklärte der Markgraf, er wolle ihnen zugleich seine eigenen Rechte, welche ihm daran zugestanden, dergestalt abtreten, als ob er des Kaisers Genehmigung dazu hätte.

Die furchtbare Strenge, mit welcher der Rat den Blutbann aus­weislich des bis zu dem verhängnisvollen Jahre 1448 reichenden Ver­zeichnisses der bestraften Verbrecher handhabte, mag ihre Erklärung in den rohen, vor keinem Verbrechen zurückschreckenden Sitten der da­maligen Bevölkeruug finden. Gemeiner Diebstahl wurde mit dem Strange ) Kirchendiebstahl mit dem Rade bestatt; doch wird im Jahre 1437 wegen dieser Übelthat Hans Brasche, welcher aus der Petrikirche einen Kelch gestohlen hatte, nur enthauptet, weil er einStadtkind war und die Gewerke Fürbitte für ihn gethan hatten. Die letztere Strafe stand auf Mord, Brandstiftung, Friedens- und Ehebruch, während Kuppelei, Falschmünzerei, Vergiftung oder Zauberei und falsches Würfelspiel auf dem Scheiterhaufen ihre Sühne fanden. Noch sind unter den 121 Ver­urteilten innerhalb jener fünzig Jahre zwei Frauen aufgeführt, welche wegen schweren Diebstahls lebendig begraben wurden, und zwei Missethäter, deren Enthauptung wegen Verkaufs von Kindern an Juden erfolgte. Ausserdem erlitten 37 Personen wegen Lüderlichkeit, Schabernacks, Unfugs und Ungehorsams die Strafe des Staubbesens, Ohrabschneidens und der Verbannung aus beiden Städten.

Eine neue Periode in der Geschichte Berlin-Köllns trat nach Unter­werfung derselben durch den willenskräftigen Fürsten ein, dem die Zeit­genossen den Beinamen Friedrichmit den eisernen Zähnen ge­geben. Der Bau seiner festen Burg zu Kölln an der Spree, deren Grundstein er am 31. Juli 1443 selbst gelegt, und deren Beendigung 1451 erfolgte, hatte diese Unterwerfung besiegelt.

Mit Trennung der beiden Städte ging die Gerichtsbarkeit nebst dem gemeinschaftlichen Rathause auf den Kurfürsten über, welcher das