11. (6. ordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjalires.
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obere Gericht von seinem Hofrichter oder Vogt und den aus der Bürgerschaft gewählten, vom Landesherrn bestätigten Schöffen verwalten liess. Jeder der beiden Magistrate, denen nur die Polizeiverwaltung und die Aufsicht über die Gewerke verblieb, ging auf sein eigenes Rathaus zurück.
So war, auch durch Entziehung der Mühlen-, Zoll- und Niederlagegerechtigkeiten, die weithin berühmte Handelsstadt, deren Macht und Wohlstand sie fast einer freien Reichsstadt gleichgestellt hatte, zu einer Landstadt herabgesunken. Doch gewährte es beiden Städten immerhin einen bedeutenden Vorteil, dass der Kurfürst seine Hofhaltung nacli dem neu erbauten Schlosse zu Kölln verlegt hatte, welches er zu seiner Residenz erhob; mindestens war dies den Bürgern von grösserer Wichtigkeit als das Vorrecht, „mit rothem Wachs zu siegeln“, welches ihnen zwei Jahre später in Gnade und Huld zugesichert wurde.
Damals standen in Kölln 312 Wohngebäude (in Berlin 724) nebst den noch innerhalb der Stadt belegenen Scheunen, so dass sich für Kölln eine Einwohnerzahl von nahezu MM Ml Seelen annehmen lässt. In der Breiten Strasse waren an der bis dahin noch unbebauten Spreeseite im 15. Jahrhundert die Bürgerhäuser No. 32—37 (der heutige königliche Marstall) entstanden, und jedenfalls befanden sich die im alten Stadtbuche erwähnten beiden Strassenbrunnen schon damals vor dem heutigen Marstallgebäude und an der Ecke der Neumannsgasse, ehedem „Heyses Gässlein“ benannt, in welcher sich 7 Hausbuden befanden, von denen die Mehrzahl zu jenem Eckhause (No. ff) gehörten. Im übrigen wurden die Breite- und Brüderstrasse von den vornehmen Bürgern bewohnt, wie dies auch die Abbildungen einiger recht stattlichen Gebäude aus dem 17. Jahrhundert bekunden.
Die Bezeichnung „Born“ für die offenen Strassenbrunnen dürfte wohl keinen Anspruch darauf erheben. Zu jedem derselben gehörte eine Anzahl von Hausbesitzern, denen die Unterhaltung durch eine vierteljährliche Beitragszahlung von „zween“ Groschen oblag. Ebenso hatten die Mieter, welche „in Feuersgefahr die Brunnen ebenfalls genossen“, vierteljährlich 1 Groschen, wer aber aus Bequemlichkeit Wasser aus einem andern Brunnen holen wollte, zu seiner Unterhaltung ebenfalls einen Beitrag zu geben.
Verweilen wir noch bei den Strassenbrunnen, deren Kölln im Jahre 1607 nur 15 besass (Berlin deren 36), die aber während des 30jährigen Krieges verschlammten, so war es der Grosse Kurfürst, welcher einen Rohrmeister aus Küstrin kommen liess, um die Stadt mit neuem Quellwasser zu versehen. VerunreinignDgen des Brunnenwassers wurden mit Gefängnis, Pranger und Halseisen bedroht. Besonderer Erwähnung geschieht jener beiden Brunnen in der Breiten Strasse: der „rote“ vor No. 35/36 war mit Schindeln überdeckt und mit Knopf nebst Fahne geziert; der vor No. 9 wurde mit einer Kette gezogen und hatte