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11. (6. ordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.
Dem Festungsbau des Grossen Kurfürsten musste auch das Köpenicker Thor weichen; es wurde jenseits der Brücke in die „Köpe- nicker Bastion“ verlegt. Als dann im ersten Drittel des vorigen Jahrhunderts die dortigen Festungswerke verschwanden, erfolgte die Anlegung der Neuen Rossstrasse. Das nunmehr auf der Thorstelle errichtete Gebäude Wallstrasse 25 erhielt als Wahrzeichen jenes Simsonrelief, dessen Bedeutung nach und nach in Vergessenheit geriet, so dass der, einen Thorflügel auf seinen Schultern tragende Simson in der Sage zu einem armen Schuhmacher degradiert wurde, welcher ein Lotterieloos sicherheitshalber an die Stubenthür geklebt und, als dasselbe mit dem höchsten Gewinn herausgekommen, sich mit der Thür nacli dem Lotteriegebäude begeben hätte. Nach dem vor mehreren Jahren erfolgten Abbruch des altersschwachen Gebäudes wurde das Relief an der Fassade des neuen stattlichen Hauses angebracht.
Das bereits erwähnte, neben dem Derfflingerschen Hause am Kölln- ischcn Fischmarkt No. 5 befindliche Gebäude kann als ein frühes Besitztum der angesehenen Bürgermeisterfamilie Matthias nicht angesehen werden; denn einmal war diese Familie in Berlin ansässig und ihre Mitglieder gehörten als Bürgermeister dem dortigen Rat an, dann aber besass dasselbe noch 1567 der Senator (Ratmann) Fuhrmann, im 17. Jahrhundert ein gewisser Gerike, und demnächst befand sich liier in dem Tau tischen Hause der ansehnliche Gasthof zum „Schwarzen Adler“.
Wenn Küster angiebt, dass Zar Peter I. 1697 auf seiner Durchreise nach Holland mit einer grossen Gesandtschaft in diesem Gasthofe bewirtet worden sei, so trifft dies nur bezüglich der letzteren zu. Peter der Grosse, indigniert über das Benehmen der Frankfurter Studenten bei seiner Anwesenheit in Kiistrin, war, um ähnlichen unliebsamen Scenen zu entgehen, incognito in einer „Chaise rotonde“ durch das Georgenthor (vor den heutigen Königskolonnaden) am 20. Juli früh hier eingetroffen. In einen, damals nur von vornehmen Personen getragenen, roten Mantel gehüllt und den Kopf in die Wagenecke gedrückt, fuhr er am Schlosse und am Dom vorüber dem Tiergarten zu, woselbst Halt gemacht, gespeiset und sodann über Spandau die Reise fortgesetzt wurde.
Nach dem am 25. Februar 1713 erfolgten Ableben König Friedrich I. traf Peter der Grosse zum andern Male hier ein und begab sich mit dem neuen Thronfolger Friedrich Wilhelm I. in die Domkirche (auf dem Schlossplatz), um an dem Katafalk des Verewigten zu verweilen. Die äusserst prächtige Ausstellung machte auf den Zaren einen tiefen Eindruck. Nach Anordnung Eosanders von Göthe ausgeführt, ist uns eine in meinem Besitz befindliche graphische Abbildung des Katafalks in dem hinteren Teile der „Cathedral-Kirche“ erhalten geblieben.