Heft 
(1899) 8
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13. (7. auaserordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

Ufer liegend. Die beteiligten Ortsschulzen, welche sich nicht über die Beerdigungspflicht einigen konnten, aber ans der Sache auch keinen Grenzstreit zwischen zwei deutschen Ländern machen wollten, unter­warfen sich dem Schiedsspruch des nächstwohnenden Amtsrichters. Dieser, ein gemütlicher Schalk, Hess sich den Fall genau vortragen, und sagte dann: Kindings, der Fall ist leicht zu entscheiden, die Ortschaft,

auf deren Gebiet die Beine gelegen haben, muss <lie Beerdigung auf eigene Kosten besorgen, denn im Corpus Juris heisst es: ubi bene ibi patria. Die beiden Dorfoberhäupter beruhigten sich bei dieser salomo­nischen Weisheit und der Tote wurde preussischerseits beerdigt.

Beim mecklenburgischen Fürstenberg betritt man nördlich von dem Städtchen, das sich rühmt die Wiege des grossen Altertumsforscher Heinrich Schliem an ns getragen zu haben, sofort das preussischo Dorf Itavensbriick, während sich andererseits südlich das Strelitzer Land weit zwischen die Kreise Templin und Huppin bis zur Nordbahn­station Dannenwalde erstreckt.

Westlich fliesst die zum Teil gebirgsstromartige Stein-Havel zwischen romantischen Ufern, bald an brandenburgischem, bald an mecklenburgischem Gelände. Folgt der in Theodor Fontanes letztem Roman gefeierte Stechlin See, der nördlich bis an das Strelitzische grenzt, und die Seegruppen nördlich Zechlin ebenfalls zwischen dem Grossherzogtum und dem Königreich verteilt. Mitten im Freussischen zwischen der Ostpriegnitz und der Grafschaft Ruppin liegen zwei grosse, zu M.-Schwerin gehörige Güterenklaven Rossow und Netzeband, während westlich am Fürstenberg eine kleinere Enklave, Gross-Menow, mitten im Strelitzischen gefunden wird.

Politisch und geschichtlich haben die Grenzen hier zwischen Brandenburg und Mecklenburg ebenfalls hin und hergeschwankt, wir ersehen dies u. a. daraus, dass mitten im jetzigen M.-Strelitz die an­sehnliche Stadt Neu-Branden bürg liegt, mit welcher unsere heutige Wanderung von Herrn Goerke begonnen werden wird, eine Ortschaft, die 1248 durch den Markgrafen Johann von Brandenburg gegründet worden ist.

Daher erscheint es kein Wunder, wenn in dein Grenzlande Sprache, Sitte, Gewohnheiten, Sagen und Überlieferungen vielfach übereinstimmen. Diese Übereinstimmung der Kultur drückt sich u. a. auch in dem mittelalterlichen Backsteinbau aus, der in Prenzlau, in Neu- Braudenburg, Rostock und besonders in Wismar sich zu einer glänzenden Blüte entwickelt hat, wie dies die von Herrn Goerke mit grosser Liebe zur Heimat, mit Umsicht und Geschmack sowie mit ausserordentlicher technischer Virtuosität aufgenommenen Photographien Ihnen in der Form von Projektionsbildern (Glas-Diapositiven) zeigen werden.