Heft 
(1899) 8
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13. (7. ausserordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

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Darauf hielt Herr Goerke seinen interessanten Vortrag. Er begann seine Wanderung in Neu-Brandenburg und zeigte in vorzüglich aus- gefiihrton Projektionsbildern zunächst den Marktplatz mit dem Rathaus und dem nüchternen Schloss, dann Teile der Stadtmauer mit den schönbewaldeten Vorwällen, und schliesslich die prächtigen gotischen Tliore, welche die Belagerung durch Tilly 1631 überdauert haben. Ver­schiedene Ansichten des Tolleusesees mit seinen herrlichen Ufern zeigen die Lieblichkeit der dortigen Seelandschaft, deren Charakter auch durch die folgenden Bilder von Feldberg gekennzeichnet wurde. Das letztere Städtchen liegt dicht an der brandenburgischen Grenze auf einer Halbinsel im Haussee und ist nicht nur seiner anmutigen Lage, sondern auch seiner Altertümer und seiner Umgebung wegen als Ausflugsort zu empfehlen. Im weiteren Verlauf der Wanderung führte Herr Goerke seine Zuhörer an die See, wo zunächst die alte Universitätsstadt Rostock besucht wurde. Die Molen an der Warnow mit ihren altersgrauen Speichern, die Marien- und Petrikirche, das siebentürmige Rathaus und verschiedene andere mittelalterliche Gebäude zogen an den Blicken der Zuschauer vorüber. Dann ging es nach der alten Hansastadt Wismar, deren denkwürdige Gebäude, wie die Marienkirche mit ihrem stumpfen Turm, die alte Schule aus dem 12. Jahrhundert, der Fürstenhof, das Wasserthor u. a., gleichfalls in schönen Aufnahmen vorgeführt wurden.

Der bei Rostock liegenden Markgrafenheide war eine beträchtliche Gruppe von Ansichten gewidmet; sie zeigten den urwüchsigen Charakter dieses norddeutschen Laubwaldes, der durch seine mannshohen Farne, durch seine Eichen und Buchen berühmt ist, sehr naturgetreu und riefen bei den Zuschauern das Verlangen nach einer Wanderung durch diese Urwaldpartien wach. Einen völlig andern Charakter wiesen die Gegenden aus dein sogenannten Gespensterwald auf, dessen seltsam verästelte Bäume ihre Zweige und knorrigen Wurzelranken gleich Gespensterarmen dem Beschauer entgegenstrecken. Die Wanderung dehnte sich dann weiter über die bekannten Seebäder Warnemünde, Heiligendamm nebst Doberan und Brunshaupten aus, von denen nicht nur Ansichten von Kurhotels und Strandpromenaden, sondern auch packende Strand­bilder in vorzüglicher Beleuchtung vorgeführt wurden. Die Nähe der dänischen Insel Möen gab dem Vortragenden Veranlassung, dieser einen Besuch abzustatten, und die Zuhörer machten mit wachsendem Erstaunen einen kleinen Spaziergang durch die romantischen und bizarren Kreide­felsen des Ostufers, des Möensklint. Die steilabfallenden, zackigen Kreideufer mit ihrer spärlichen Vegetation und den eigenartig gestalteten, abgestorbenen Wurzelstücken erinnern an Rügen, nur sind auf Möen die Umrisse und Gestaltungen der Felspartien viel seltsamer und bizarrer wie dort.

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