Heft 
(1899) 8
Seite
395
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Dr. Gustav Albreclit, Wanderfalirt des Märk. Museums nach Bölkendorf. 395

wenn in grauer Vorzeit nicht bewohnt, so doch als Begräbnisort benutzt worden ist, was aus den daselbst gefundenen Urnenscherben deutlich hervorgeht. Die Tnsel liegt ungefähr 300 Schritt von dem Uter der Bölkendorfer Feldmark, also auf der Ostseite des Sees, und ist im ganzen Umfange gegen 5 Morgen gross, wovon auf das Plateau, das früher geackert wurde, 2 Morgen zu rechnen sein dürften; sie ragt bei jetzigem niedrigen Wasserstand gegen 5 Fass über die Wasserfläche hervor. Es ist ein schönes Eiland, umsäumt von niedrigem Baumwuchs, Birken, Linden, Pappeln, Weiden, Schwarzdorn etc., während zwei wilde Birn­bäume (Knödeln), der eine am West-, der andere am Ostrande, in Höhe von 40 Fass, als Beherrscher des Ganzen, Wache zu halten scheinen. Auch der bunte Blumenteppich war, als ich die Insel im Juni v. J. (1875) zuerst betrat, prächtig, und ich wagte kaum, denselben durch das Auf- wiihlen der Erde zu zerstören, umsomehr, da ich schon auf den Maulwurfs­hügeln fand, was ich suchte, namentlich Überreste von Urnen. Bei näherer Nachgrabung an den verschiedensten Stellen förderte ich Urnen- sclierben in einer Tiefe von 12 Fuss zu Tage; Geräte etc. habe ich aber nicht gefunden. Unzweifelhaft steht nunmehr fest, dass die Insel als Begräbnisstätte benutzt worden ist. Am westlichen Ende, nicht auf dem Plateau, sondern am Fusse desselben, zum Teil auch im Wasser, lagen recht viele und grosse Steine ungeordnet neben- und übereinander, und ich vermute, dass dieselben bei der Urbarmachung der Insel dorthin geschafft sein müssen. Seit vielen Jahren liegt dieselbe aber wüste, und erzählte mir der Fischer, dass vor 40 und mehr Jahren hier viele Möwen genistet, und er noch sehr gut wisse, dass die Jungen ans dem Dorfe sich die Eier geholt und darausEierpriemen (Eierkuchen) gebacken hätten.

An eine Begräbnisstätte ist nicht zu denken, denn es findet sich keine Spur von Leichenbrand auf der Insel, und die Steine, die sich um den ganzen See herum verstreut finden und auch im Wasser seihst liegen, rühren aus älterer Zeit her und sind als Bestandteile des Moränenzuges anzusehen. Es kann sich bei demWuning nur um eine Ansiedelungs­stätte handeln. Zweifelhaft ist allerdings, ob die Wohnstätte eine dauernde gewesen ist, oder ob die Insel nur als Zufluchtsort in Kriegszeiten ge­dient hat. Mir scheint das letztere der Fall gewesen zu sein, denn wie sich aus Funden südlich von Bölkendorf ergiebt, sind die Anhöhen und Mulden beim Dorfe in prähistorischer Zeit besiedelt gewesen, und jene Ureinwohner werden sich aut diese Siedlungsstätten beschränkt haben und die beiden Inseln, denWuning und den südlich davon liegenden Sturzwerder, nur bei drohender Gefahr aufgesucht haben.

Eine Erklärung des NamensWuning bezw.Woning alsWohn­stätte, dürfte immerhin sehr gewagt sein, zumal das Wort von den Dorfbewohnern mit kurzem 0 ausgesprochen wird, also eigentlich