E. Lemke, Frösche und Kröten.
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Ufern, wo sie sich in Behagen sonnen, bei aller Träumerei immer misstrauisch gegen mögliche Gefahr. Glauben sie, dass irgend ein Unheil ihnen nahe, so stürzen sie sicli kopfüber ins Wasser, wo sie nach einigen Stössen ihrer langen Hinterbeine spurlos verschwinden. Wie oft haben wir alle dies mitangesehen und dann beobachten können, dass nach nicht langer Zeit der Kopf wieder über dem Wasser erschien und die grossen, vorstehenden Augen vorsichtig umherspähten. Ungemein geschickt benimmt sich dieser Frosch beim Fangen von Insekten; und bewundernswert ist sein Verhalten gegen eine Schlange, die er durch regungsloses Dasitzen und Anstarren irre macht. Mit einem Wort: er ist ein sehr talentvoller, witziger und tüchtiger Geselle, und wir brauchen nicht die Behauptung einer nahen Verwandtschaft mit ihm als ein Heruntersetzen unseres Wertes anzusehen.
Sowohl der grüne Wasserfrosch, wie der braune Grasfrosch vermehren sich in grossartiger Anzahl. Letzterer liebt den Aufenthalt im Wasser nur zu der Zeit, da er sich nach Familienfreuden sehnt, und er giebt sich der Pflege der Musik auch fast nur in dieser Zeit hin. Schon im März macht er sich bemerkbar. Seine Jungen spazieren mitunter in so unabsehbaren Scharen aufs Land, dass man von jeher und bis auf den heutigen Tag von „Froschregen“ fabelte. Einen angesehenen Grossgrundbesitzer, dem ich diesen Regen als etwas höchst Einfaches erklären wollte, erzürnte ich ernstlich. Doch findet man auch in Zeitungen (so im Juni 1898, in Bezug auf Birmingham) solchen Froschregen gemeldet und so erklärt, dass das Wasser die Tierchen in die Höhe gewirbelt und der Sturm sie fortgetragen hätte, bis sie schliesslich in einem dichten Schauer zu Boden gefallen wären. Der braune Grasfrosch (von gleicher Grösse wie sein in der Küche geschätzter Yetter) ist nur oberseits braun, mit helleren oder dunkleren Flecken; das Männchen zeigt eine grauweisse Weste, während das Weibchen eine auf rötlichem Grunde braungelb marmorierte vorzieht. Dieser Frosch ist in ganz Europa bis zum Nordkap, in Asien bis Japan und in Nord-Amerika anzutreffen. Wenn der grüne Wasserfrosch nicht immer mit Kerbtieren, Spinnen, Schnecken u. s. w. zufrieden ist, sondern auch einen jungen Sperling, ein unlängst zur Welt gekommenes Mäuschen oder ein Gericht kleine Fische verschlingt, so begnügt sich der braune Grasfrosch zumeist mit Insekten und nackten Erdschnecken, so dass man ihn als einen sehr- nützlichen Freund lieben muss. Augenscheinlich gehört er einem Alpen- Verein oder dergl. an; er steigt im Gebirge bis 2000 m empor und findet sich noch auf der Grimsel. Schliesslich erwähne ich aus der Naturgeschichte dieser beiden Vettern Rana noch, dass sie gleichermassen viele Feinde haben, die ihnen das Leben erschweren, sie mindestens nervös und ängstlich machen und in das friedvolle Bild eines köstlichen Frühlingstages, in welchem wir die Frösche nicht vermissen mögen,