Heft 
(1899) 8
Seite
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E. Lemke, Frösche und Kröten.

einenweltschmerzlichen Zug bringen.

Ehe wir nns in Volkskunde, Mythologie u. dergl. mehr Umsehen, sei noch der dritte gute Bekannte hier eingereiht, nämlich der gemeine Laubfrosch, auch gemeiner Baum- oder Laubkleber genannt (Hyla arborea Cuv.), denn wenn er auch allerlei Besonderheiten für sich in Anspruch nehmen kann, so ist doch nicht ausgeschlossen, dass er mit jenen beiden anderen Fröschen zuweilen so zu sagen in einen Topf geworfen wird, wo es sich z. B. um Aberglauben handelt. Er wird nur 34 cm lang, ist oberseits schön hellgrün, unten grauweiss, mit schwarzen, oben gelb gesäumten Seitenstreifen. Geradezu grossartig ist sein Talent für Mimicry; Sie können u. a.imBraudenburgia-IIefte 1894, No. 5, näheres über diese beneidenswerte Anpassungsfähigkeit lesen. Seine Heimat ist Europa bis zum hohen Norden hinauf, ferner ganz Nord- und Mittel-Asien und Nord-Afrika. Gebirgswanderungen dehnt er bis zu 1500 m aus. Während er, geschützt durch seine blatt­grüne Farbe und sehr begünstigt durch merkwürdige Klettervorrichtungen an seinen Zehen, auf Bäumen und Sträuchern ein freies Leben führt, schmaust er nach Laune und Gelegenheit Käfer, Fliegen, Schmetterlinge und Raupen. Das Männchen verrät aber bekanntlich den schönen Sommersitz durch unglaublich lautes Geschrei, indem es die schwärz­liche Kehlhaut zu einer stattlichen Schallblase aufbläst. Fürchterlich ist es, wenn mehrere Laubfrösche etwa im Weinlaub einer Veranda musizieren, zu der das Fenster unseres Schlafzimmers in einer sonst gar angenehmen Beziehung steht.

Allgemein bekannt ist die Annahme, dass der Laubfrosch ein Wetterprophet sei und den Witterungswechsel durch Quaken und Herum­klettern ankünde. Hier kann man deutlich sehen, wohin der Ruhm mitunter führt: derlustige Musikante wird überlistet und in ein Ein- maclieglas oder ähnlichen Behälter gesetzt, woselbst er die Verpflichtung übernehmen muss, bei bevorstehendem guten Wetter auf die Spitze einer Leiter zu steigen und bei herannahendem schlechten Wetter betrübt am Boden zu sitzen. So hat mancher Laubfrosch 810 Jahre die Stelle eines Wetterglases einnehmen müssen. Vielfach ist das Quaken recht trügerisch, aber beim Herannahen eines Gewitters wird es gewöhnlich stärker.

Damit hängt zusammen, dass der Volksmund in meiner Heimat Ostpreussen von Fröschen im allgemeinen sagt: sie könnten im Früli- linge den Mund nicht eher aufthun, als bis ein Gewitter gewesen sei. Ebenso allgemein gehalten ist der Ausspruch: wenn die Frösche aufs Land kommen und auf den Wegen herumhüpfen, so wird es regnen. Aber w r ehe uns, wenn der erste Frosch, den wir im Frühlinge sehen, nicht auf der Erde sitzt! Sitzt er auf der Erde, so haben wir Freude zu erwaiten; befindet er sich aber im Wasser, so müssen wir w'einen.