Heft 
(1899) 8
Seite
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E. Lemke, Frösche und Kröten.

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dom man sich salbte und zu höheren Dingen nämlich Flug durch den Schornstein u. s. \v. befähigte.

Kaum ein anderes Tier ist so sehr, wie die Kröte, Gegenstand eines weitverbreiteten Aberglaubens geworden. In Sagen und Märchen ist die Krötengestalt eine ganz gewöhnliche Maske der Unterirdischen und der verwünschten Prinzessinnen. Wegen des Aberglaubens, den die Alten an Frösche und Kröten (ranae rubetae) knüpften, verweise ich (sagt llandelmann 1 ) auf die Naturgeschichte des Plimus; im 32. Buche sind viele Beispiele von deren Anwendung in der Volksmedizin; sie dienten auch beim Feldzauber der Ackerleute zur Abwendung von Ge­witterschaden, Wurm- und Vogelfrass. llandelmann berichtet ferner: nach Ivonrad Gessner (Gesnerius) hätte Herzog Friedrich von Sachsen Kröten spiessen und im Schatten ausdörren lassen zu Heilzwecken; auch das Kemptener Wunderbüchlein vom Jahre 1806 bringt viele Angaben über Heilung durch Frosch und Kröte; in Dänemark vertreibt eine am Halse getragene trockene Kröte das Fieber, und in Mecklenburg trägt man auf der blossen Haut eine in Leinwand genähte trockene Kröte als sicheres Mittel gegen die Gicht. (Eine solche Mumie findet sich in der Schweriner Sammlung.)

Über die Heilkraft der Kröte, wie sie nach dem Volksglauben gerade der weiblichen Menschheit zu gut kommen soll, existiert eine ansehnliche Litteratur; zugleich wird dies durch die grosse Menge von eisernen und wächsernen Kröten bewiesen, die Frauen als Opfergaben (largebracht haben.

Noch ausgebreiteter ist der Glaube an die Heilkraft des Steines, den angeblich eine und die andere Kröte auf dem Kopfe tragen soll. DieserKrötenstein, der hauptsächlich bei Schlangenbiss zur Anwendung kommt, ist wie ich es selber bei unseren Dorfleuten beobachten konnte meist eine bestimmte Versteinerung (Koralle, Seeigel u. s. w.), aber fast ebenso häufig irgend eine beliebige Masse kalkhaltigen Gesteins. Solche Steine gelten auch alsKrötenkrone, die Glück verbürgt. Allein über diesen ganz ausserordentlich verbreiteten Aberglauben wäre ein ansehnlicher Vortrag zu halten; aber wir können uns nicht in diesen angeblichen Segen vertiefen und wollen auch nur flüchtig davon Kenntnis nehmen, dass die Kröten ausserdem noch gute Dienste bei Rheumatismus, Gesichtsrose und Veitstanz thun sollen.

In einem traurigen, jedes Kröten-Gemüt zerknirschenden Gegen­sätze zu dieser gefabelten Nützlichkeit steht die grausame Nichtbeachtung der wirklichen Verdienste der Kröten. In neuerer Zeit ist oft Auf­klärendes darüber geschrieben worden; aber es wirkt auf die meisten

) V, d. Bert. G. f. A., E, u. TJ., 1882, S. 23 u. 24. Handelmann. Über den Krötenaberglauben und die Krötenfibeln. S. 22 u. f.

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