Heft 
(1899) 8
Seite
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E. Leinke, Frösche und Kröten.

Menschen nicht anders, als meine eindringliche Predigt einem alten Gärtner gegenüber, der schliesslich beteuerte:Na, wenn ich nur eine

lind, dann spick ich sie durch und durch. Sie gestatten, dass ich Ihnen folgende, der D. Tagesztg. vom 11. Mai 1898 entnommene Mit­teilung ans Herz lege!Der Mensch muss der Kröte Abbitte leisten, wenn er etwas auf Gerechtigkeit hält, denn dieses so allseitig gehasste und mit Abscheu oder Fusstritten behandelte Tier ist ein Wohlthäter der Menschheit, wie es nur wenige von grösserem Verdienste giebt. Die landwirtschaftliche Untersuchungsbehörde der Vereinigten Staaten hat jüngst von dem Naturforscher Kirkland als Verfasser einen umfang­reichen Bericht herausgegeben, der beinahe vom ersten Buchstaben bis zum letzten ein Loblied auf die Kröte ist. Beweise: 149 Krötenmagen und ihr Inhalt. Die Wiederherstellung des guten Hufes dieses Tieres hat also damit beginnen müssen, dass 149 Individuen ihr Leben lassen mussten, um durch ihren Mageninhalt das ganze Geschlecht glänzend zu rechtfertigen. Kirkland stellte genau fest, was für Speisereste die Krötenmagen enthielten und fand, in Prozenten ausgedrückt, folgende Ergebnisse: Stoffe, deren Natur nicht zu ermitteln war, 5%, Kies und Erde 1%, ebenso Pflanzenreste, Regenwürmer uud Schnecken je 1%, Tausendfüssler 10, Spinnen 2, Heimchen und Heuschrecken 3, Ameisen 19, Laufkäfer 8, Blattliornkäfer (Scarabaeen) 6, Samenkäfer 5, verschiedene Insekten 9, verschiedene Larven 19, Raupen 9°/ 0 u. s. w. Diese Fest­stellung allein genügte natürlich nicht, sondern man musste wissen, wie viele der verzehrten Arten nützlich und wie viele schädlich sind. Auch dies hat Kirkland festgestellt und gefunden, dass die Kröte auf 4 nütz­liche 7 schädliche verzehrt, so dass ihr Nutzen, den übrigens gebildete Landwirte wohl vielfach schon gewürdigt haben, ausser Frage steht. U. s. m. Der kleine Artikel schliesst mit der Aufforderung: es müsse neben dem AufrufSchützet die Vögel! einer üblich werden, der Schützet die Kröten! lautet.

Jetzt bin ich überzeugt, dass einige von Ihnen mich für eine blosse Agrarier-Freundin halten und daran erinnern möchten, dass ich doch die Naturgeschichte nur als bescheidenes Gerüst betrachten sollte, das Sage und Aberglauben, Mythologie und Brauch so reich bekleidet haben.

Um beim Reichtum zu bleiben, will ich bemerken, dass sehr viele Prinzessinnen (natürlich in Märchen) in Krötengestalt einherwandern mussten. Irgend ein Bösewicht hatte die verwöhnte junge Dame, die allemal bildschön war, zu dieser Maskerade durch Verwünschung ge­nötigt; und leicht war es nicht für den liebenden Erretter, den Zauber zu brechen; mitunter konnte dies nur ein Küsschen der hässlichen Kröte (in OstpreussenBeesskröte genannt) gegeben zu Wege bringen.