E. Lemke, Frösche und Kröten.
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Darm heisst es wohl: wer zu grosses Granen empfände, der möge ein Tuch vor den Mund nehmen*).
Und nun die „Untererdchen“! Sie sollen wohl zumeist in ihrer wirklichen Gestalt erschienen sein; aber die war ihnen vielleicht unbequem bei ihren Streifzügen in den Vorratsräumen der Menschen; daher verwandelten sie sich gern in eine Kröte, die dann entweder regelmässig an einer bestimmten Stelle zum Vorschein kam oder ausnahmsweise sichtbar ward. Oft handelte es sich darum, ein wenig Milch zu trinken; und gutmütige Menschen gossen solche schon für alle Fälle in ein Herdwinkelchen. Zuweilen zogen die Kleinen einen Schluck Bier vor. Viele Male erschienen sie, um Menschen um Hülfe anzugehen oder zu Gevatter zu bitten u. dergl. m. In Deutschland und in Skandinavien ist jene Geschichte bekannt, in der geschildert wird, wie eine zu den Untererdchen eingeladene Frau in Todesangst sein musste, weil über ihrem Kopfe ein schwerer Mühlstein au einem Faden hing. Doch die kleinen Leute haben damit nur ein Zeichen geben wollen, wie ihnen da oben — als sie in Krötengestalt erschienen waren — Todesangst abgenötigt oder eine mögliche Gefahr erspart wurde.
Verwünschten Prinzessinnen und vorsichtigen Untererdchen gesellen sich in grosser Schaar die Hexen zu, und gleich den Hexen liebt auch der „Böse“ die Krötengestalt. Noch heute sagt man im Spreewalde, sobald eine dicke Kröte (bruchata skrodawa) an der Thürschwelle herumkriecht: „Da ist eine Hexe!“ * 2 ) — „Die Kröte stammt vom Teufel ab. Sie lebt, in Stücke gehackt, bis Sonnenuntergang; und wer sich mit ihrem Fette einschmiert, wird unsichtbar. Der Teufel wollte eine Schwalbe oder Lerche nachmachen; aber sie wollte nicht fliegen. Während der Todeskrankheit einer Brandstifterin krochen die Kröten auf ihrem Bette herum, weil sie mit dem Bösen zu thuu hatte. Zu ihrem Ritte auf den Blocksberg reiben sich die Hexen mit Krötenfett ein 3 ).“
Nach Strackerjan hilft eine Kröte — namens Tädewig — einer Hexe beim Buttern 4 5 ); wie denn überhaupt die Hexen und Kröten viel mit Milchwirtschaft zu tliun haben. Die Kröten sollen den Kühen die Milch fortnaschen (vereinzelt auch Blut entziehen). Sie haben ferner einigen Einfluss auf fruchtbares Wetter. „Als Regen hindernden Zauber will (in Wallis) die Hexe eine grosse Kröte mit 7 Broden und 7 Metzen Gerste in einem Sarge kirchlich begragen lassen, wodurch 7 dürre unfruchtbare Jahre entstanden wären 3 ).“ Und „ein lausitzer Aberglauben
') E. Lemke, a. a. O., II, S. 268.
2 ) W. v. Scliulenburg, W. V. i. S., B, u. S., S. 47.
3 ) W. v. Schulenburg, W. V. u. G. a. d. Spi\, S. 97 u. f. u. S. 159.
4 ) L. Strackerjan, a. a. O., I, S. 310 u. f. und II, S, 107.
5 ) Z. d. V. f. V., 1897, S. 449. Bespr. v. „Lea veillees des Mayens“ par
L. Courthion.
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