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E. Lemke, Frösche und Kröten.
sagt: wenn man in die Grundmauer eines Hauses eine Kröte mit einmauert, so bleibt trockenes Wetter, bis das Haus fertig ist 1 ).“
Die Kröten sind ein Symbol des Winters 2 ). Keineswegs verwunderlich ist, dass sie auch zum Tode Beziehung haben, der auch den Menschen auf allerprimitivster Stufe als ein Zustand erscheinen musste, der im schärfsten Gegensätze zum lebendigen Dasein, zur Bethätigung von Willen und Kraft steht. — Auch bei den Südslaven gilt eine ums Haus herumhüpfende Kröte als Todesbotin 3 ).
Mat hat die Kröte (besonders die Knoblauchskröte) ein exquisites Grab-Tier genannt, weil sie in zahlreichen Fällen in Gräbern und (bei vorgeschichtlichen Gräbern) in Urnen gefunden wurde. Zuweilen hat letzteres die Annahme veranlasst: die Kröte — deren Skeletteile wohl auch bei vorgeschichtlichen Beigaben lagen — sei selber eine Grab- Beigabe gewesen. Aber Nehring 4 * 6 ) und andere haben diese au all den vorhin erwähnten Aberglauben gebundene Meinung wissenschaftlich widerlegt. Solche Kröte hatte entweder ein Winterlager bezogen oder die Urne als einen passenden Platz angesehen, wo sie — vielleicht nicht nur körperlich alt, sondern auch (um poetischen Gemütern ein Zugeständnis zu machen, sei ’s gesagt) müde vom Kampf ums Daseiu — den eigenen Tod erwartete.
Die nüchterne Erkenntnis dieses natürlichen Vorganges beeinträchtigt nicht im geringsten unsere Teilnahme für den kindlichen Glauben au die Beziehungen der Kröte zum Leben und Sterben des Menschen, vor allem zu seiner Seele. Vornehmlich die armen Seelen wandelten sich in Krötengestalt; und hier könnte man auf „Seelenwanderung“ verweisen, wo der beklagenswert Schwache zur Strafe und Prüfung in ein so hartherzig verfolgtes Geschöpf verwandelt wird. Aber mitunter, namentlich in Tirol, schont man die Kröte aus Rücksicht auf ihren Charakter als Ahn’ oder Hausgeist, was freilich nicht hindert, dass sie zu anderen Zeiten gespiesst und in Kirchen geopfert werden muss. „Die Seelen wohnen unter der Thürschwelle, weswegen man nicht Holz darauf spalten und die Thür nicht hart zuschlagen darf'’).“ In der sicilianischen Provinz Catania können Seelen lebender Frauen nach Belieben Mittwochs oder Sonnabends in der Nacht oder Mittagsstunde mit wunderbarer Schnelligkeit die Welt durcheilen, während die Frauen scheinbar in festem Schlafe liegen; kommen die Seelen zu spät
*) Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, S. 236.
2 ) Karl Haupt, a. a. O., S. 236.
s ) Z. d. V. f. V., 1882, S. 180. Friedrich S. Krauss. Der Tod in Sitte, Brauch und Glauben der Südslaven, S. 177 u. f.
4 ) 0.—Bl. d. d. Ges. f. A., E. u. U., 1887, S. 49. A. Nehring, Über Knoblauchs
kröten aus Urnen,
6 ) Elard Hugo Meyer, a. a. O., S. 73.