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Verwendung von alten Hufeisen, a) Als die Schildbürger in Krieg ziehen heisst es von Einem: „Wie denn ihm auf eine Zeit auch ein solches
Glück widerfahren, dass, als er ein halbes Rosseisen gefunden und selbiges unterm Gürtel gesteckt hatte, er damit einen Schuss auffing, welcher ihm sonst sein Leben gekostet hätte. Darum er dann sich nun den Gürtel nochmals mit Rosseisen ganz behänget und solche anstatt eines Harnisches gebrauchet.“ Das Lalenbucli. Stuttg. 1839, S. 146.
b) Einen ungewöhnlichen Gebrauch von vollständigen, aber abgenutzten Hufeisen fand ich in der West-Priegnitz in den Dörfern zwischen Perleberg und dem Königs-Hünengrab unweit Seddin am 20. September. Je zwei Hufeisen waren mit der Rundung nach aussen an Pfosten angenagelt, so dass man eine Stange zum Absperren von Vieh oder als Abweisung unbefugter Menschen, bequem dazwischen stecken konnte. Auf Befragen erfuhr ich, dass man abgenutzte Hufeisen in dortiger Gegend allgemein zum Abschluss von Zäunen, Staketen, Koppeln und dergl. benutzt. E. Friedei.
Damit das Kind gucken lernt! a) In Krielow bei Brandenburg a. H. herrscht noch heut die Sitte, dass Taufpaten die schriftliche Einladung zum Gevatterstehen mit der Schrift an das Fenster stecken, so dass die auf der Strasse Vorübergehenden das Schriftstück lesen können. Fragt man, warum das geschehe, so erhält man die Antwort „damit dat Kind ok kieken liert!“ Krielow, den 22. September 1898. O. Monke.
b) Hiermit vergleiche man folgende italienische Sitte. In den meisten, vielleicht in allen, Teilen Italiens werden die Wickelkinder mit dem Gesicht nach aussen getragen, also umgekehrt -wie bei uns, wo die Mutter ängstlich besorgt ist, das Gesicht des Kindes, damit es nicht geblendet werde, nach der Mutter Brust zu halten. Fragt man eine Italienerin, warum sie dem Kinde das Gesicht nach aussen hält, so sagt sie: „damit das Kind gucken lernt!“ Kennt sie zufällig den umgekehrten deutschen Brauch, so fügt sie wohl hinzu: „Darum sehen auch die deutschen Wickelkinder so schläfrig, die italienischen so grell aus.“ E. Friedei.
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1. Schimpfwort: „Blinde Tilze“ (S. 326) ist auf das slavische Wort telez, gen.*) telza, Plural: telzi zurückzuführen. Bedeudet Kalb, junger Ochs. Das Kalbsauge gilt dem einfachen Volke in der Mark als Symbol der Blödheit. Bekannt ist auch die Redensart „blind wie ein Stier“. Ais Knabe von 8—12 Jahren habe ich in Stadt und Dorf des Kreises Königsberg die Schimpfworte „Du Tilze, blindes T ilzvie li, blödes Moiulkalb, Kalbsauge“ für dumme, thörichte Leute viel gehört und mitgebraucht.
2. Maronen (Heft 10). Im heissen Sommer 1868, als damaliger Pfarr-
verweser in Groeben, Kreis Teltow, fand ich im Parke des Gutes Siethen bei Ludwigsfelde drei grosse Maronenstämme, von denen wir im Herbste im Inspektorhause zu Groeben uns mehrfach gutschmeckende Früchte yösteten. E. Handtmann.
*) Kurzes e geht in der Vulgärsprache vielfach in den Laut i über, langes in o.