Heft 
(1904) 13
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Berliner Zustände und Persönlichkeiten etc,

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Niels Klimm kehrt nach wohlbestandenem Examen bei der philo­sophischen sowohl als bei der theologischen Fakultät in Kopenhagen in seine Vaterstadt Bergen zurück und lebt hier von den Wohltaten seiner Verwandten. Der Bearbeiter Mylius lässt seinen Helden, der das Gnadenbrot seiner Verwandten nicht länger essen will, eine Hauslehrer­stelle an nehmen und ihn über diese Tätigkeit sich folgen dermassen äussern:Ich warf mich in die drückendste der Sklavereien, um einer

weit leichteren, im Grunde bloss imaginären zu entgehen. Für das spärlichste Zeisigfutter und für fast nicht mehr als Grossknechtslohu übernahm ich die Zucht verschiedener hochadlichen Puter und Gänschen aus der Nachbarschaft. Ich erntete was bei solchem Boden den Arbeitern gemeiniglich wird höllenartige Neckereien von den Unter­gebenen, bei denen kein Unterricht anschlug, von den Eltern Vorwürfe ohne Mass und Ziel und den schnödesten Undank. Dass die Stellung eines Hofmeisters und Hauslehrers zu jenen Zeiten in Berlin und gewiss auch anderswo vielfach besonders ungünstig gewesen ist, (glänzend ist ja ein solches Amt zu keiner Zeit gewesen) dafür haben wir noch ein anderes ungefähr gleichzeitiges Zeugnis in denBemerkungen eines Reisenden durch die königlich preussiscben Staaten. 1779 (I, 573).

Sieben Jahre hatte Niels Klimm, wie er sagt, in diesem Stande verschleudert, wogegen der Stand des Galeerensklaven goldene Freiheit ist, als er den Entschluss fasste, mit den paar zusammengekargten Batzen sich und seiner Lieblingswissenschaft der Naturkunde eine Zeit lang zu leben.

Bei seinen Streifereien in der Umgegend von Bergen erregte eine Höhle auf dem Gipfel des Berges Floejen seine Aufmerksamkeit; sie öffnete und verschloss sich von Zeit zu Zeit unter Gestöhne und gab dabei einen nicht unangenehmen Duft von sich, der sich in der ganzen Umgebung ausbreitete. Diese Höhle beschloss er zu untersuchen und machte sich eines Tages in aller Frühe, begleitet von vier Tagelöhnern, die Taue und Haken trugen, von Bergen zu diesem Zwecke auf. Er wurde an einem Strick von den Arbeitern in die Höhle hinabgelassen, während er selbst in der Hand einen Karst hatte, um die etwa vor­kommenden Hindernisse wegzuräumen und mitten in der Höhle zu bleiben. Kaum war er zehn oder zwölf Klafter hiuabgefahren, als der Strick zerriss und er mit ausserordentlicher Geschwindigkeit in die Tiefe stürzte. Nachdem er etwa eine Viertelstunde lang in dichter Finsternis und beständiger Nacht seinen Fall fortgesetzt, erblickt er Lichtschein und bald darauf einen hellen und heitern Himmel.

Seine Vermutung, dass diejenigen recht hätten, welche die Erde als hohl annehmen und der Meinung sind, dass im Innern derselben eine Erdkugel enthalten sei, kleiner wie die unsrige, auch ein anderer Himmel mit einer kleineren Sonne und verhältnismässigen Gestirnen

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