Heft 
(1904) 13
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Berliner Zustände und Persönlichkeiten etc.

Denker in den ersten Augenblicken sich ganz betäubt fühlte. Allein auch dieser Kniff half den Nachteulen nichts.

Es trat plötzlich ein Mann von Biedersinn und brittischer Frei­mütigkeit auf und zog den Vorhang zum Teil weg, der das Innerste des Heiligtums jenes magischen Tempels verbarg; zugleich deckte er verschiedene Missbrauche auf, die sich in die Staatsverwaltung einge­schlichen hatten. Die kleine Schrift, worin er dies tat, machte auf alle Bewohner des Herzogtums grossen Eindruck. Jedermann las sie, jeder­mann war überzeugt, sie enthalte Wahrheiten, die man sich bisher ins Ohr gesagt hatte.

Die Rotte der Anti-Aufklärer düng ein paar allezeit fertige Skribler, sie zu verteidigen. Die Wichte taten dies mit so lendenlahmen Gründen und mit einer solchen Legion von kraftvollen Schmähungen, dass niemand die Scharteken lesen mochte. Ob jene Broschüre der Herzog gelesen und ob sie auf ihn gewirkt hatte, wusste man nicht. Er ging wie vorher in die geheimen "Versammlungen, deren Mitglieder dadurch in die völligste Sicherheit gewiegt wurden.

Eines Abends war eben der Schatten eines längstverstorbenen Helden heraufgeholt worden, als der Herzog plötzlich hinzu trat, mit nervichter Rechte die Erscheinuug fasste, sie emporhielt und ihr augen­blicklich den Tod drohte, wenn sie nicht ein ganz reines Bekenntnis ablegte. Der arme Geisterrepräsentant war zu sehr in die Enge getrieben, um nicht zu gestehen, dass er wegen seines Talentes, die Bauchsprache in hohem Grade zu reden, aus einem benachbarten Lande hergezogen sei und von den Mitgliedern des Magierordens gar ansehnlich für seine Bemühungen, Schatten zu spielen, pensioniert werde. Auch versprach er von dem fein angelegten Gewebe der Bosheit alles zu enthüllen, was ihm nur bekannt sei. Die Besinnungskraft der ganzen Schar der Be­schwörer war von Entsetzen zu sehr gelähmt, als dass sie imstande gewesen wäre, ihrer Sache nur irgend einen halbleidlichen Anstrich zu geben. Ein Teil blieb vor Schreck fast am Boden angewurzelt stehen, der andere warf sich dem Fürsten zu Füssen und flehte um Gnade. Doch nicht die ward ihnen, sondern die strengste Gerechtigkeit, wie allö ihre Prozeduren nun ans Licht kamen. Einige wurden auf Festungen geschickt, andere auf immer ins Exil; und zugleich wurde den treulosen und unfähigen Staatsbedienten, die der Herzog schon längst sich aufge­zeichnet hatte, samt allen ihren Kreaturen so gelohnt wie ihre Werke es verdienten. Die Revolution im Zivil- und Militär-Fach war allgemein und sehr schnell. Soweit Mvlius über die Zustände im Lande der Autkläiung.

Wenn sich auch die einzelnen Züge dieser absichtlich verschleierten Darstellung nicht mit völliger Sicherheit deuten lassen, so dürften folgende Erklärungen doch auf Wahrscheinlichkeit Anspruch machen. Die wackeren